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Special - Destiny, Anthem & Co. : Eine Marke für ein Jahrzehnt? Träumt weiter!

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Die Spielebranche geizt nicht mit markigen Worten und großen Versprechungen. Das war schon immer so und wird sich auch nicht mehr ändern. Nie dagewesene Grafikpracht, epische Geschichte, wochen- und monatelange Spielzeit und unendliche Möglichkeiten sind nur einige der Sprüche, die sowohl Journalisten als auch Spieler immer wieder zu hören bekommen.

Eine der aus meiner Sicht schwachsinnigsten Versprechungen überhaupt ist jedoch der Zehnjahresplan. Bereits während der Entstehungsphase von Destiny erklärte Activision, die Marke langfristig anlegen zu wollen – ganze zehn Jahre. Wie genau, blieb weitgehend offen. Vermutlich aus gutem Grund.

Denn egal, was auch geplant ist, die Reaktion der Spielewelt kann niemand erahnen. So auch bei Destiny: Bereits kurz nach dem Launch im September 2014 fehlte es den Spielern an Aufgaben. Auch die ersten beiden Erweiterungen wurden aufgrund ihres geringen Umfangs von den Fans heftig kritisiert. Erst mit dem dritten kostenpflichtigen Add-on, König der Besessenen, schaufelte Bungie genug neue Aufgaben ins Spiel, um das Hüteruniversum zu besänftigen – ein Jahr nach dem Release.

Einen Schnitt machten Hersteller und Entwickler schon beim Nachfolger: In Destiny 2 wurde zwar die grundsätzliche spielerische Struktur des Vorgängers beibehalten, der Titel stellte zugleich jedoch einen Neuanfang dar. Lediglich die Optik des Charakters aus Teil 1 durfte übernommen werden, alles andere – Level, Waffen und Gegenstände – fiel der Schere zum Opfer. Die Begründung: Einsteiger sollten die gleichen Voraussetzungen haben wie Veteranen des Vorgängers. Vom ursprünglichen Vorhaben, die Spieler dürften ihre aufgewerteten Figuren behalten, rückte man bereits nach zwei Jahren ab. Seitdem informiert Bungie in regelmäßigen Abständen über kommende Inhalte und Veränderungen. Von zehn Jahren spricht niemand mehr.


Der Fahrplan für Destiny 2 in den kommenden Wochen und Monaten – es geht voran, wenn auch langsamer.

Eine Dekade – oder auch nicht

Dafür bekräftigte EA unlängst seinen Plan, mit dem kommenden Online-Action-Titel Anthem einen ähnlich weiten Weg gehen zu wollen. Man plane eine Laufzeit von zehn Jahren, werde ständig neue Inhalte liefern und so weiter und so fort. Schon beim Lesen kann ich nicht anders, als heftigst den Kopf zu schütteln.

Heutige Spiele müssen vom Start weg erfolgreich sein. Insbesondere frische Marken haben keinerlei Welpenschutz. Was sich nicht innerhalb der ersten Wochen nach dem Release gut verkauft, hat in der Regel keine Zukunft. Weil man den Erfolg eines Spiels, egal ob neue Marke oder Fortsetzung, lediglich grob schätzen kann, hat es keinen Sinn, schon vor dem Release über irgendwelche Laufzeiten zu sprechen. Denn bei ausbleibendem wirtschaftlichem Erfolg denkt kein Hersteller über weitere Inhalte, geschweige denn eine Fortsetzung nach. Statt einer Dekade bleiben die Server vielleicht nicht einmal 365 Tage lang aktiv.

Zehn Jahre sind auch darum unsinnig, weil sich in einem solchen Zeitraum sowohl technische als auch personelle Strukturen stark verändern. Noch entscheidender: Die Spieler und ihre Vorlieben sowie Gewohnheiten machen einen Wandel durch, der bereits in der Vergangenheit dafür sorgte, dass manche Genres wuchsen und andere wiederum fast von der Bildfläche verschwanden. Heute mag sich ein Spiel wie Destiny 2 großer Beliebtheit erfreuen, doch ob das in einem Jahr noch so ist, kann niemand mit Sicherheit sagen. Der Spielemarkt ist ständig in Bewegung – da erscheint es völlig unrealistisch und vermessen, noch vor dem ersten Verkaufstag von einer Dekade zu fabulieren.

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Auf dem Teppich bleiben

Spiele wie Destiny oder Anthem haben zweifellos eine längere Haltbarkeit als beispielsweise die jeweils aktuelle Ausgabe eines jährlichen Sportspiels. Daher ist es durchaus sinnvoll, konkrete Pläne für die Zeit nach der Veröffentlichung zu haben: In den kommenden Wochen und Monaten braucht es Erweiterungen sowie Feintuning an der Balance und den Spielmechaniken. Entsprechend vorbereitet muss der Entwickler sein, damit besagte Inhalte auch im Spiel ankommen.

Lange Laufzeiten sind generell möglich – das beweisen unter anderem Counter-Strike, World of Warcraft oder auch GTA Online. Allerdings ist ein solcher Erfolg immer eine Entwicklung, die sich nicht vorausahnen oder gar voraussetzen lässt. Wer bereits zu Beginn viel verspricht, setzt sich vielmehr stark unter Zugzwang. Das geht in den wenigsten Fällen gut aus. Auch das wurde in der Spielebranche schon mehr als einmal unter Beweis gestellt ...

Also, liebe Publisher und Entwickler, lasst es ruhig angehen! Spart euch markige Sprüche und alberne Zukunftsvisionen, die euch sowieso keiner abnimmt. Zehnjahrespläne sind realitätsfremd. Seht stattdessen zu, dass zum Start und in den Wochen danach alles reibungslos verläuft. Wenn Spiel und Spieler zueinandergefunden haben, kann man weitersehen. Aber nicht vorher.

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