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Special - Wir fordern: Weg damit! : Ein Plädoyer gegen Statistiken in Shootern

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    Der Wettbewerbsgedanke in Multiplayer-Shootern ist sehr präsent und stressig. Ich spreche primär von der K/D-Statistik, also dem Wert, der sich daraus ergibt, wie viele Gegner man erledigt hat im Vergleich zu den eigenen digitalen Toden. Die K/D ist heilig, viele Leute brüsten sich damit. Aber was passiert, wenn sie auf einmal wegfällt? Ich kann nachts wieder ruhig schlafen.

    Ich erinnere mich noch ganz genau: Vor ungefähr einem Jahr saß ich zu Hause und spielte Call of Duty: Black Ops III. Da ich das Spiel zuvor getestet hatte und bereits Erfahrungen im Multiplayer hatte sammeln können, rechnete ich mir solide Erfolge für das Startwochenende aus. Ich kannte die Karten, die Spezialisten und die Waffen. Dementsprechend sicher war ich mir: „Kuro, dieses Jahr wirst du Black Ops III rocken!“

    Die ersten Matches liefen katastrophal. So ziemlich jeder wischte mit mir den Boden auf. Ein Match lief schlechter als das andere. Immer wenn ich mir den Spielstand am Ende anschaute, überstieg die Anzahl der erlittenen Tode die der Abschüsse um ein Vielfaches. Ich war frustriert, aber fasste einen Entschluss: „Ich werde erst aufhören, wenn meine K/D wieder bei 1,00 ist!“ Es wurde spät an diesem Abend.

    Irgendwann spätnachts schaffte ich es jedoch. Meine K/D-Statistik war leicht positiv, also über dem Wert eins. Zufrieden ging ich ins Bett. In den folgenden Wochen kämpfte ich immer wieder mit dieser verfluchten Statistik. Es war ein stetiges Auf und Ab. Nicht das gemeine CoD-Kiddie, das gerade in seiner Pubertät steckt und einem bei jedem Abschuss durch das Headset ins Ohr schreit, war mein Feind, sondern eine popelige Zahl. Ich hing meine Black-Ops-III-Karriere an den Nagel.

    Zahlen bestimmen die Laune

    Harter Schnitt: Wir befinden uns im Ersten Weltkrieg. Das neue Battlefield ist frisch auf dem Markt. Nachdem mich der vierte Teil und Battlefield: Hardline eher nicht hatten packen können, wagte ich einen Neuanfang mit dem fünfzehnten Teil der Serie, Battlefield 1. Am Anfang überwältigt, fand ich schnell meine Paraderolle als Medic. Doch nach ein paar Schlachten wanderten meine Augen durch das Menü und da sah ich eine Prozentanzeige mit der Überschrift „Wins“. Na toll ...

    Etwas ungläubig schaute ich auf diese Statistik. Soll auch diesmal eine Zahl meine Glückseligkeit mit diesem Shooter bestimmen? Ich hasse es zu verlieren, die Prozentzahl in dieser perfiden Kategorie stimmte mich nicht glücklich: 30 Prozent? Das kann ich unmöglich auf mir sitzen lassen. Ärmel hochgekrempelt, ab ging die Post. Was allerdings die Sache noch viel gemeiner macht: Bei diesem Wert ist man auf seine Team-Kameraden angewiesen. Wenn also das Boot am Sinken ist, kann man so viel paddeln, wie man will – wenn niemand mitzieht, geht man unter.

    Mittlerweile ist meine Prozentzahl der Siege auf 70 geklettert. Mein PS4-Controller allerdings ist gezeichnet von tiefen Abdrücken meiner Finger. Es war ein beschwerlicher Weg. Von der Zahl, wie viele Abschüsse oder Punkte ich pro Minute erzielte, möchte ich gar nicht erst reden. Dieser ständige Blick auf die Anzeige: Wie viele Leute habe ich erledigt? Wie oft bin ich gestorben? Wie hoch ist mein Punktestand? Es schwirren beim Spielen ständig Zahlen in meinem Kopf herum.

    Die Freiheit der Ahnungslosigkeit

    Ein letzter harter Schnitt: Titanfall 2. Ich bin begeistert vom zweiten Teil des Sci-Fi-Shooters. Nach ein paar Stunden im Multiplayer wollte ich neulich einen routinierten Blick auf meine Statistiken werfen. Wie damals in der Schule: Man bekommt sein Zeugnis, will eigentlich nicht auf die Noten schauen, tut es aber trotzdem. Ich hatte also ähnlich große Bauchschmerzen und befürchtete Schlimmes. Doch siehe da: Es gibt keinen solchen Menüpunkt!

    Ungläubig rieb ich mir die Augen. Das kann nicht sein, irgendwo MÜSSEN doch die Entwickler mir sagen, wie schlecht ich mich in diesem Spiel schlage. Nope. In Titanfall 2 gibt es keine K/D und keine Prozentzahl mit den gewonnenen Partien. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie befreiend das ist. Ich kann Titanfall 2 im Multiplayer spielen und zerbreche mir nicht den Kopf, sondern habe einfach Spaß. Was für ein erleichterndes Gefühl.

    Zumindest aktuell. Auf reddit las ich vor ein paar Tagen, dass ausführliche Statistiken für Titanfall 2 geplant sind und irgendwann in naher Zukunft per Update nachgereicht werden sollen. Einige Spieler freut es. Sie wollen unbedingt wissen, wie sie sich auf dem Schlachtfeld schlagen. Ich hingegen würde lieber weiter ahnungslos bleiben. Mein Nervenkostüm würde es mir danken.

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