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Special - Das Leid mit den Lootboxen : Zu viel Loot tut nicht gut

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    Es ist ein Kreuz mit den Kisten, könnte man sagen. Der Kauf von zufälligen In-Game-Items gegen reales Geld ist nicht neu. Seit Jahren gibt es Spiele, die gegen Eurobeträge virtuelle Überraschungseier liefern – mit Spiel und Spaß, aber ohne Schokolade. Doch der Wind hat sich gedreht ...

    So präsent wie 2017 waren die Beutekisten nämlich noch nie. Nahezu jeder große Titel – darunter Assassin's Creed Origins, Mittelerde: Schatten des Krieges, Forza Motorsport 7, Call of Duty: WWII und nicht zuletzt Star Wars: Battlefront II – hatte Kisten mit Krempel im Angebot. Natürlich muss man dazu auch Sportspiele wie FIFA 18 oder NBA 2K18 zählen, die in dieser Hinsicht schon fast zum alten Eisen gehören.

    Denn gewachsen sind In-Game-Käufe bereits vor langer Zeit mit FIFA Ultimate Team und seinen Nachahmern. Einst als eigenständiger DLC für FIFA 09 zaghaft gestartet, machte das Sportspiel Zahlungen abseits des reinen Software-Kaufs über die Jahre hinweg salonfähig. Für bessere Kicker in den eigenen Reihen investiert man mit Spielwährung in Pakete zufälligen Inhalts. Und wenn die durchs Zocken gesammelten Coins nicht mehr reichen, steigt man auf Echtgeld um – oder auch sofort. Das simple Konzept bringt EA inzwischen ungefähr 800 Millionen Dollar jährlich ein – allein durch Mikrotransaktionen, allen voran bei FIFA.

    Was beim virtuellen Fußball funktioniert, klappt auch in anderen Genres. Inzwischen gibt es kaum noch einen Titel, der auf Mikrotransaktionen verzichtet. Das Geschäft läuft. Publisher wie Take-Two, Warner, Ubisoft und Microsoft statten ihre Software wie selbstverständlich mit kostenpflichtigen Zusatzinhalten aus.

    Durchspielen gegen Bezahlung?

    Wie sehr man Mikrotransaktionen bisher auch verteufelte, in nahezu allen Spielen wirkten sie sich nur geringfügig auf das Spiel aus. Hier eine andere Rüstungsfarbe, da eine Geste für die Spielfigur – mehr steckte nicht in der Zufallsbox. Würde man sich etwa in einem Shooter bessere Waffen oder Items kaufen können oder im Rahmen besagter Zufallsbelohnungen lediglich die Chance darauf haben, zöge das riesige Probleme bei der Spielbalance nach sich. Denn wer nicht kauft, hat eine schlechtere Ausrüstung und dementsprechend geringere Chancen im Kampf.

    Auch hinsichtlich des Fortschritts bei Solokampagnen sparte man an dicken Hürden, die nur äußerst geduldige Spieler oder solche mit dickem Geldbeutel überwinden konnten. Bei einem fixen Kaufpreis fürs Spiel von 60 oder gar 70 Euro nachträglich erneut zur Kasse zu bitten, blieb ein Unding. Eine generelle Grenze zwischen Pay-to-win und Vollpreistitel wurde nicht überschritten. Doch in diesem Jahr hielten sich die Hersteller nicht mehr daran.

    Der Wind hat sich gedreht

    Einige wollten anscheinend wissen, wie weit sie gehen können – vor allem EA. Der Wegbereiter für große Einnahmen durch Zusatzkäufe versteckte das Finale von Need for Speed: Payback hinter einer ziemlich hohen Hürde: Nur wer reichlich Rennen fuhr und damit seine Fahrzeuge levelte, konnte bis zum Finale vorrücken. Der schnellere Weg führte über das Kaufen von Kisten, deren Tuningteile die Autos via Abkürzung aufs erforderliche Niveau brachten.

    Noch krasser wurde es mit Star Wars: Battlefront II. Kurz nach dem Start des Early Access begann ein gigantischer Shitstorm, der noch immer nicht ganz abgeklungen ist. Der Grund: die horrenden Preise für Helden und der Zwang zur Lootbox im Mehrspielermodus. Diverse Foreneinträge und Videos demonstrierten, wie sehr das System die Gamer in Richtung Kistenkauf drängte. Der Druck wurde so groß, dass EA einen Tag vor dem Release die Möglichkeit der Käufe bis auf Weiteres zurücknahm. Wenige Tage danach erhielt auch Need for Speed: Payback einen Patch, mit dem die Belohnungen beim Spielen erhöht wurden. Der Publisher bekam ganz offensichtlich kalte Füße - und angeblich eine Rüge von Disney, wo man eine nachhaltige Beschädigung der wertvollen Star-Wars-Marke fürchtete.

    Doch auch andere Hersteller bekamen ihr Fett weg. Forza Motorsport 7, Mittelerde: Schatten des Krieges oder NBA 2K18 nervten mit Designentscheidungen, die Lootboxen oder Mikrotransaktionen zu wichtigen Spielinhalten machten. Wer etwa nach dem ersten Ende von Schatten des Krieges die Festungen gegen angreifende Orks verteidigen wollte, brauchte entweder sehr viel Zeit zum Leveln oder eine dicke Geldbörse. Ähnliches bei NBA 2K18: Um mit erspielter Währung Gegenstände, zum Beispiel Kleidung, für den eigenen Spieler kaufen zu können, musste man entweder arg lange zocken oder Mikrotransaktionen abschließen. Gerade das unausgewogene Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag stieß vielen sauer auf, auch weil die Spiele nur allzu schnell die Möglichkeit anboten, den Weg mit Geldausgeben zu verkürzen.

    Das Signal der Spielermehrheit war insgesamt deutlich: Nicht mit uns! Zwar floriert das Geschäft mit Mikrotransaktionen, aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt: Sobald der Spielspaß quasi erkauft werden muss, ist Schluss mit lustig – gerade Letzteres war bei Battlefront II spürbar der Fall. Der aggressive Vorstoß endete für Electronic Arts mit einer Bruchlandung. Dieser Schuss vor den Bug war richtig und wichtig.

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