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Test - Vampire The Masquerade: Redemption : Vampire The Masquerade: Redemption

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Christof Romauld ist schon ein armes Kerlchen. Nicht nur, dass der tiefreligiöse Kreuzritter im Kampf schwer verletzt wird, er verliebt sich auch noch in die hübsche Nonne Anzeka, die ihn liebevoll wieder aufpäppelt. Kaum wieder genesen, schlägt er sich mit Vampiren in Prag herum und versucht, seine Liebe und seine Religion in Einklang zu bringen. Als er kläglich daran scheitert, gerät er in die Fänge der Prager Vampire und wird selbst zu einem von ihnen.

Erfüllt mit noch mehr chaotischen Gefühlen wird seine heiss geliebte Anezka, welche die Hoffnung, dass Christofs Schicksal nicht endgültig ist, nicht aufgibt, von den finsteren Tzimisce-Vampiren entführt. Christofs hoffnungsvolle Suche nach der geliebten Anezka führt euch ins Prag und Wien des Mittelalters, und über die Jahrhunderte hinweg ins London und New York des Jahres 1999. Und ganz nebenbei müsst ihr euch auch noch mit den Schergen des Vampirfürsten Vukodlak herumplagen.

Die Einzelspieler-Quest, zu der diese Story gehört, umfasst eben die genannten vier Hauptorte und ist jeweils in mehrere Quests unterteilt. Der Spielablauf ist völlig linear, das heisst ohne die laufende Aufgabe erledigt zu haben, sind andere Quests nicht verfügbar. Auch die einzelnen Levels sind völlig linear aufgebaut, so dass eine Automap überflüssig ist. Für die umfangreichen Städte gibt es eine Übersichtskarte, in der die wichtigsten Orte gekennzeichnet sind, sobald ihr sie einmal gesichtet habt. Diese Gradlinigkeit ist eigentlich der grösste Mangel an "Vampire". Dennoch ist die Story spannend und stimmungsvoll, so dass dieses Manko noch verzeihlich ist. "Vampire" im Einzelspieler-Modus tendiert allerdings deutlich in Richtung Action-Rollenspiel mit viel "Hack & Slay", nicht zuletzt durch die eingeschränkte Handlungsfreiheit. Nervig: In "Vampire" könnt ihr nur in den "Havens", der Heimstatt der Charaktere, speichern. Immerhin wird bei jedem Levelwechsel eine automatische Speicherung durchgeführt. Hier soll ein in Kürze erscheinender Patch Abhilfe schaffen.

Die Kämpfe laufen komplett in Echtzeit ab, wobei ihr einen Charakter steuert, und die anderen, bis zu drei NPCs der Party, eigenständig handeln. Deren KI ist allerdings etwas mittelmässig, so dass koordinierte Attacken, speziell bei mehreren Gegnern, leicht in Hektik ausarten können. Per Tastendruck kann zwischen den Charakteren hin- und hergeschaltet werden, so dass ihr die Steuerung jedes Partymitgliedes übernehmen könnt. Immerhin ist die Kampfsteuerung an sich simpel: Gegner anklicken und Maustaste gedrückt halten. Die Todesszenen sind in der deutschen Version deutlich entschärft. Stirbt eines der Partymitglieder, kann es mittels Schriftrolle wieder zum Leben erweckt werden.

Die Gegnerschar ist vielfältig. Von Ghul-Ratten über Menschen, anderen Vampiren und Werwölfen bis hin zu Monströsitäten wie die Szlachta oder die riesigen Vohzd"s reicht die Palette. Auch die Monster verfügen über ein unterschiedliches Waffenrepertoire, unterschiedliche Fähigkeiten und setzen zum Teil auch magische Eigenschaften wie Disziplinen oder eher christliches Equipment wie Weihwasser und Pflöcke gegen die Charaktere ein.

Das Magiesystem entspricht weitestgehend dem der "Pen & Paper"-Vorlage, mit kleinen Anpassungen an das Gameplay auf dem PC. Statt Zaubersprüche gibt es hier Disziplinen, die in mehrere Gruppen unterteilt sind, die anfangs charakterspezifisch zur Verfügung stehen. Durch Bücher können im Laufe des Spieles weitere Disziplinen erlernt werden. Jede Disziplin verfügt über fünf Level, die Stärke und Wirksamkeitsdauer des Effektes verbessern. Um höhere Disziplinen zu erlangen, müssen erst die vorherigen zumindest mit einem Level erlernt werden.

Voraussetzung für das Erlernen von Disziplinen sind ausreichende Charakterattribute. Die Charaktere verfügen über Standard-Attribute wie Stärke, Intelligenz, Ausdauer und andere, aber auch einige Besonderheiten. So gibt es die "Humanity", den Anteil Menschlichkeit, der noch im Vampir verblieben ist. Sinkt dieser Wert auf Null, erwacht die Bestie im Vampir. Der Blutpegel zeigt an, wie viel Blut der Vampir noch zur Verfügung hat. Blut ist für die Ausübung der Disziplinen notwendig und wird durch das Ausschlürfen geeigneter Opfer und Bluttränke aufgebessert. Der Frenzy-Wert steigt bei stärkeren Verletzungen an, was dazu führen kann, dass der Charakter die Kontrolle über sich verliert und jeden, egal ob Freund oder Feind, attackiert. Sowohl Attribute als auch Disziplinen werden genreüblich mit Erfahrungspunkten aufgewertet. Etwas unüblicher ist dafür, dass das nicht direkt level-weise möglich ist, sondern in Schlüsselszenen, und jedesmal, wenn die Charaktere im "Haven", ihrer sicheren Heimstatt, rasten.

Ausrüstung gibt es reichlich, Gegner lassen jede Menge Waffen, Gegenstände und Gold fallen. Händler sorgen für Nachschub oder dienen als Käufer für den gefundenen Ramsch. Waffen, Rüstungsteile, Schmuck, Tränke und Schriftrollen sind nur einige der Kandidaten zum Handelsobjekt. Angelegt wird die Ausrüstung in einem stark an "Diablo" orientierten Ausrüstungsbild. Viele der Gegenstände besitzen auch besondere Eigenschaften. Hier sind ebenfalls die Ähnlichkeiten zu Blizzards Monstergemetzel unverkennbar.

Spielerisches Herzstück des Spieles ist der Mehrspieler-Modus. Unterstützt wird hier im übrigen WON.NET als offizieller Server für Multiplayer-Sitzungen. Das Spiel selbst kommt mit einigen wenigen vorgefertigten Multiplayer-Szenarios namens "Chronicles" daher. Der "Storyteller"-Modus ist dabei eine echte Innovation im Genre. Er bietet erstmalig die Möglichkeit, dass ein Spieler als Spielleiter Einfluss auf das Geschehen nehmen kann. Er kann beliebig NPCs übernehmen, Ereignisse anstossen, Erfahrungspunkte vergeben usw. "Vampire" bietet somit die erste halbwegs akkurate Umsetzung der "Pen & Paper"-Spieltechnik.

Die Bedienung ist denkbar einfach. Über ein spezielles Interface kann der Spielleiter die gewünschten Optionen aktivieren und aus einer Liste auswählen. Durch die Masse an Daten kann das allerdings teilweise etwas mühsam und unübersichtlich werden. Als "ersten Versuch" kann man diese Technik allerdings nur als überaus gelungen bezeichnen. Um dem Mehrspieler-Betrieb noch mehr Wasser auf die Mühlen zu giessen, hat Nihilistic mittlerweile mit der "NOD SDK" die wichtigsten Entwickler-Tools zum Download zur Verfügung gestellt (siehe Downloadsektion von gamesweb.com). Mit den einfach zu bedienenden Tools kann so ziemlich jeder eigene Szenarios erstellen und mit seinen Freunden durchspielen. Auch andere Modifikationen sind möglich, auf vielen Fanseiten finden sich bereits Anleitungen, Mods und Skins.

Mit diesen Features hat sich "Vampire" einen bei Rollenspielen bisher einmaligen Status erkämpft. Das enorme Potential, dass sich aus den gegebenen Möglichkeiten ergibt, spricht für langen Spielspass, auch wenn zu befürchten ist, dass die Features nur von einer Hardcore-Spielergemeinde genutzt werden. Immerhin könnte Nihilistic damit aber auch Rollenspieler anlocken, die von den bisherigen Möglichkeiten auf dem PC bisher noch enttäuscht waren. Zwei komplette Multiplayer-Quests und einige "Blanko"-Szenarios sind im Spiel bereits enthalten.

Optisch zeigt sich "Vampire" im feinsten Gewand. Die eigens von Nihilistic entwickelte NOD-Engine lässt kräftig die Muskeln spielen und zeigt auch in kleinster Auflösung (640 x 480) mit 16 Bit via Direct3D noch eine ansprechende Grafik. Richtig sehenswert wird das Ganze ab 1024x768 in 32 Bit. Man merkt deutlich, dass die Entwickler bereits über ein paar Erfahrungen mit 3D-Engines verfügen. Einige der Entwickler haben seinerzeit die "Jedi Knight"-Engine programmiert. Die Texturen sind ungemein detailliert, die Hallenböden glänzen mit feinsten Spiegeleffekten und die Magie-Effekte sind sehr sehenswert. Nahezu alle Zwischensequenzen werden übrigens in der In-game-Engine gezeigt - bis auf sporadische Render-Videos.

Auch an der Performance gibt es kaum etwas zu mäkeln, erst bei voller Auflösung (1600 x 1200) und 32 Bit gab es auf dem Testrechner sporadisches Ruckeln. Optisch ist in der Auflösung allerdings kaum ein Unterschied zur 1024er-Auflösung zu erkennen. Auch auf der Voodoo Banshee macht das Spiel einen prima Eindruck, allerdings ist hier ab 1280 x 1024 erstes Ruckeln zu verzeichnen. Besitzer von GeForce-Karten können sich freuen: "T & L" wird voll unterstützt. Auch die Stabilität lässt kaum Wünsche offen - auf dem Testrechner waren keine Abstürze oder ähnliches zu verzeichnen. Lediglich die Performance im Online-Betrieb könnte besser sein, ein entsprechender Patch ist in Arbeit.

Die Animationen sind flüssig, wenn auch gelegentlich etwas unglücklich (z.B. wenn Christof im Zickzack die Treppe runterrennt). Zudem funktioniert die Kollisionsabfrage nicht einwandfrei und gelegentlich bleiben Charaktere auch mal hängen, genauso wie ein Arm oder Bein auch mal mitten in der Wand endet.

Waffenwechsel werden sofort, Rüstungswechsel abhängig von der Rüstungsklasse dargestellt. Gespielt wird aus der 3rd-Person-Perspektive, wobei die Kamera wahlweise automatisch oder manuell bedient werden kann und drehbar ist. Per Tastendruck habt ihr auch die Möglichkeit, in die 1st-Person-Perspektive zu wechseln. In dieser Ansicht sind allerdings keine Aktionen möglich, sie dient eher dazu, sich einen Überblick der Umgebung zu verschaffen (und die tolle Grafik zu geniessen).

Akustisch wird ebenfalls ein Genuss für die Sinne geboten. Die Hintergrundmusik ist wunderbar komponiert und ausgesprochen stimmungsvoll. Alle Musikstücke wie auch die Sprachausgabe sind übrigens im MP3-Format auf der CD vorhanden, in der deutschen Spezialedition liegt gar eine Audio-CD mit dem Soundtrack bei. Die Sprecher der US-Version verstehen ihr Handwerk und fügen bei den Dialogen das letzte Tüpfelchen hinzu. Erfreulicherweise steht auch die deutsche Lokalisierung dem Original nur geringfügig nach. Die Übersetzung selber ist tadellos, lediglich einige wenige der Sprecher sind etwas unglücklich besetzt.

Fazit

Andreas Philipp - Portraitvon Andreas Philipp
Optisch und akustisch ist "Vampire" ein kleines Meisterwerk, trotz gelegentlicher Darstellungsfehler und ab und an unglücklicher Animationen. Der Einzelspieler-Modus ist linear und action-lastig, kann aber durch seine exzellente und spannende Story dennoch überzeugen. Kernstück des Spieles ist der Mehrspieler-Modus, der durch den "Storyteller"-Modus mit seiner starken Annäherung an "Pen & Paper"-Rollenspiele Massstäbe setzt und durch die als Download bereitgestellten, gut zu bedienenden Entwicklertools jede Menge Freunde finden wird. Die vorbildliche Präsentation, die tolle Atmosphäre und die Genre-Innovation durch den "Storyteller"-Modus und Entwicklertools rechtfertigen trotz einiger Mankos allemal einen gamesweb.com-Award.

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