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Test - Colin McRae Dirt : Rallye-König Colin schwächelt etwas.

  • X360
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Schadensmodell und Tuning

Gelungen hingegen ist das grandiose Schadensmodell. Sowohl Fahrzeuge als auch Objekte auf der Strecke verhalten sich im Großen und Ganzen sehr korrekt mit allen erdenklichen Deformationen. Da verzieht sich die ganze Karosserie, Fahrzeugteile fallen ab, Pfosten werden akkurat umgelegt und Leitplanken verbiegen sich. Gerade in höheren Schwierigkeitsgraden sind Kollisionen unbedingt zu vermeiden, will man überhaupt das Ziel erreichen. Skurril nur, dass die Reparatur-Features im Karrieremodus geradezu überflüssig sind, da ohnehin immer nur ein oder zwei Strecken gefahren werden. Lediglich im Meisterschaftsmodus, der über deutlich mehr Rennen pro Event geht, macht diese Option Sinn.

Deutlich besser hingegen präsentieren sich die Einstellmöglichkeiten für eure Boliden, auch wenn es unverständlicherweise keine Wahl der Reifen gibt, was im Rallye-Sport eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Dafür könnt ihr munter an Sturz, Federung, Beschleunigung und Getriebe herumschrauben, um das Optimum aus den Fahrzeugen herauszuholen. Erfreulich ist, dass quasi alle Optionen ausführlich erklärt werden, sodass auch blutige Neulinge recht schnell herausfinden, was hinter den einzelnen Einstellungen in Abhängigkeit von der Streckenbeschaffenheit steckt. Die Einstellungen machen sich auch fühlbar bemerkbar. Zwar sind die Standardeinstellungen durchaus zu gebrauchen, aber Profis können noch die eine oder andere Sekunden über das Tuning herausholen.

Öhm, hallo? Multiplayer-Modus?

Der Multiplayer-Modus – den man eigentlich fast gar nicht so nennen kann – entpuppt sich als satte Enttäuschung, ja eigentlich sogar als Frechheit. So wird auf der Packung noch mit einem Multiplayer-Modus für bis zu 100 Spieler geprotzt, unterm Strich bleibt davon aber herzlich wenig übrig. Es gibt weder einen Hot-Seat-Modus noch die Möglichkeit, online oder offline in direkten Rennen gegen die Kontrahenten anzutreten. Gut, bei 100 Spielern wäre das auch kaum machbar, da die Framerate teilweise schon bei sechs Fahrzeugen auf der Piste deutlich in die Knie geht. Aber wenigstens bei den Rennmodi mit mehreren Fahrzeugen hätte man etwas erwartet, und es reicht noch nicht einmal für Ghost-Cars. Stattdessen spielt ihr auch online einsam und verlassen und bekommt lediglich die Zeiten und Platzierungen der Gegner angezeigt. Mit einem echten Online-Modus hat das wenig zu tun, zumal man auch im Singleplayer-Modus nach jedem Rennen ein Ranking der Bestzeiten anderer Spieler vorgesetzt bekommt.

Der Wow-Effekt schlägt zu

Rein visuell zeigt 'Dirt' der Rennspielkonkurrenz allerdings mehr als deutlich, wo der Hammer hängt. Die Fahrzeugmodelle gehören zum Besten, was derzeit auf der Xbox 360 zu sehen ist, wozu auch das sehr detaillierte Schadensmodell gehört. Die Strecken hauen einen fast aus den Socken. Fährt man das erste Mal über die australischen Pisten und bewundert das Licht- und Schattenspiel zwischen den Eukalyptus-Bäumen, kommen einem mitunter fast die Freudentränen. Da sieht man gern drüber hinweg, dass die Straßenbeläge hier und da etwas nach bemalter Plastikfolie aussehen. Sehr enttäuschend ist allerdings, dass es so gut wie keine Wettereffekte gibt. Wo sind die schönen Regeneffekte geblieben? Wo die verschneiten Pisten in Skandinavien? Dafür lässt sich das Spiel auf der Effektseite nicht lumpen – von sehr akkurater Fahrzeugverdreckung bis hin zu Staub und spritzendem Kies. Sehr schick sind die vielen Kameraperspektiven. Neben Stoßstange, Motorhaube, Draufsicht und Cockpit wurden noch einige zusätzliche Perspektiven eingebaut, darunter die sehr intensive Helmkamera.

Die Soundkulisse animiert einen förmlich dazu, die Anlage so laut aufzudrehen, dass dem Nachbarn der Putz auf den Schädel rieselt. Von dumpf grollend bis hin zu rotzig reicht das Repertoire und verleitet uns dazu, die Speaker noch etwas lauter zu drehen. Die Ansagen des Beifahrers, wenn auch nicht bei jedem Renntyp vorhanden, sind ebenfalls gelungen, kommen für unser Empfinden aber einen Hauch zu früh.

Fazit

Andreas Philipp - Portraitvon Andreas Philipp
Man mag mich gern einen alten, nörgligen Sack nennen, aber selten fiel es mir so schwer, einen 'Colin'-Teil zu bewerten. Klar, 'Dirt' sieht fantastisch aus, hat erstklassige Menüs und vom Umfang her gibt es wohl kaum etwas zu meckern. Sieht man mal davon ab, dass es im Grunde kein Rallye-Spiel mehr ist, sondern ein Offroad-Racer. Was mir aber gar nicht recht gefallen mag, ist, dass das Spiel sich zu sehr in Richtung Arcade orientiert und damit eigentlich der Serie und der einstmals perfekten Mischung aus Realismus und Spielbarkeit untreu wird. Zwar macht 'Dirt' über weite Strecken immer noch eine Menge Spaß, aber es gibt doch einige Dinge, die mir missfallen: angefangen bei der etwas seltsamen Fahrzeugphysik über das völlig überzogene Bremsverhalten bis zu der arg direkten Lenkung. Und der so genannte Multiplayer-Modus ist schlichtweg ein Schlag ins Gesicht. Für Offroad-Neulinge ist 'Dirt' beinahe eine Offenbarung, für 'Colin'-Veteranen in einigen Aspekten eine herbe Enttäuschung. Die US-Kommerzialisierung hat wie befürchtet deutliche Spuren hinterlassen. Spaßig, gut, aber in Summe nicht überragend.

Überblick

Pro

  • streckenweise grandiose Optik
  • schöne Streckenausleuchtung
  • gelungenes Schadensmodell
  • viele Fahrzeuge, Strecken und Events
  • motivierender Singleplayer-Modus
  • sehr viel Abwechslung
  • stylische Menüs
  • viele Spielmodi
  • viele, aber recht komplexe Tuning-Optionen

Contra

  • keine Wettereffekte
  • sehr direkte Steuerung
  • nicht immer nachvollziehbares Kurvenverhalten
  • Fahrzeuge wirken oft zu leicht
  • Multiplayer-Modus quasi nicht existent
  • überzogenes Bremsverhalten
  • gut kaschierte, aber lange Ladezeiten
  • Framerate-Einbrüche bei mehreren Fahrzeugen

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