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Test - Judgment : Der Yakuza-Ableger im Test

  • PS4
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In Japan ist der neue Ableger der Yakuza-Reihe schon seit geraumer Zeit auf dem Markt, bei uns erscheint Judgment jedoch erst jetzt. Das Spiel liefert quasi die Antwort auf die Frage, wie es mit Yakuza weitergehen könnte, wenn es den Protagonisten Kazuma Kiryu nicht mehr geben sollte. Die Lösung ist relativ einfach: Man tauscht ihn aus.

Wir folgen der Geschichte des 35-jährigen Detektivs Yagami, der einst ein erfolgreicher Anwalt in Kamurocho war. Ihm ist etwas gelungen, das in Japan als ziemlich selten gilt, nämlich einen Freispruch zu erwirken, obwohl alle Beweise dagegen sprachen. Zu Yagamis Pech wurde sein Klient aber direkt nach der Freilassung wieder eingebuchtet, weil er seine Freundin auf grausame Weise umgebracht haben soll.

Die Situation führt zu einem moralischen Konflikt bei Yagami, daher entscheidet er sich, das Leben als Anwalt an den Nagel zu hängen und sein Glück als Privatdetektiv zu versuchen. Seine langjährigen Kontakte zur Yakuza sind ihm dabei von großem Nutzen. Trotz dieser Verbindung in die japanische Unterwelt ist der Protagonist von Judgment aber ein guter Mensch. Na ja, zumindest nach außen hin.

Der Geschichte von Judgment zu folgen, gestaltet sich nicht nur sehr zeitintensiv, es erfordert auch ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Dabei sind lediglich die animierten Sequenzen vertont, der Rest wird in Form von ewig langen Textlawinen erzählt, die wie so häufig in japanischen Spielen lediglich hin und wieder von unweigerlich komischen Lauten untermalt werden.

Obwohl die Story eigentlich recht spannend ausfällt, neigt das Spiel immer wieder dazu, sich zu wiederholen, wodurch es sich scheinbar endlos in die Länge zieht. Nicht selten erwischte ich mich dabei, wie ich ganze Passagen einfach wegklickte, da sie weder das Interesse kitzelten noch relevante Informationen beizutragen hatten.

Die Figuren sind weitgehend gut ausgearbeitet, erwecken aber über weite Strecken den Eindruck, als handele es sich bei ihnen lediglich um ein Best-of aus der Yakuza-Reihe. Zu allem Überfluss gelingt es ihnen nicht, aus ihrer Klischeeschublade auszubrechen. Für eine kurze Begegnung mag das ausreichen, trifft man eine Person jedoch mehrmals oder teilt eine längere Missionsreihe mit ihr, neigt sie dazu, langweilig zu werden.

Das Leben eines Detektivs

Yagamis Alltag unterscheidet sich grundlegend von dem Kiryus, des Protagonisten der Yakuza-Spiele. Dieser lief durch die Stadt, verprügelte Yakuza und führte viele Gespräche. Der Detektiv aus Judgment muss zudem einiges an Detektivarbeit leisten. Und auch wenn diese Abwechslung für einen Moment durchaus Spaß macht, übersteigt der Negativeffekt solch repetitiver Arbeit schnell die Vorteile.

Viele Hauptmissionen und eine mindestens genauso große Anzahl an Nebenmissionen bestehen aus den immer gleichen Tätigkeiten. Alternative Vorgehensweisen oder Abwechslung sind leider Fehlanzeige, worunter der Langzeitspielspaß massiv leidet. Wer lediglich der Handlung folgt, mag diesen Umstand als weniger schlimm empfinden, wer jedoch das ganze Paket abdecken möchte – und darum geht es in einem Open-World-Spiel schließlich –, muss zäh im Nehmen sein.

So ist es immer wieder eure Aufgabe, Personen zu beschatten, die allesamt unter Verfolgungswahn zu leiden scheinen. Egal ob es sich dabei um einen gesuchten Mafiaboss handelt oder einen völligen Normalo, sie alle drehen sich alle Augenblicke wie wild um und starren in eure Richtung, als sei die halbe Welt hinter ihnen her.

In solchen Abschnitten ist es überdies völlig egal, ob ihr direkt vor der Nase der Zielperson seilhüpft, im Kreis rennt oder die Nationalhymne singt, sofern ihr es rechtzeitig schafft, in Deckung zu huschen, bevor der Timer abgelaufen ist.

Zur Auflockerung müsst ihr hin und wieder Schlösser knacken oder sollt mit einer Lupe einen Ort nach Hinweisen absuchen. Die gesuchten Objekte sind dabei im Spektrum von „mehr als offensichtlich“ bis hin zu “Ist nicht euer ernst“ versteckt.

Ach ja, und dann gibt es da noch die Verfolgungsjagden, die immer nach dem gleichen Schema ablaufen. Ein Yakuza, Verdächtiger, Dieb, Brandstifter oder auch ein Toupet flüchten vor euch und ihr sollt hinterherrennen. Drückt im richtigen Moment die angezeigte Taste und ihr fangt das Ziel. Stolpert ihr zu oft über Pylonen oder rennt in Passanten, müsst ihr die Aufgabe wiederholen.

Dabei wirkt es merkwürdig, dass Yagami unter normalen Umständen die meisten Hindernisse einfach über den Haufen läuft, in solch einer Herausforderung jedoch fast schon über seine eigenen Schnürsenkel stolpert.

Abseits davon müsst ihr euch immer mal wieder Informationen merken, die die Detektivfälle betreffen, um sie an entsprechender Stelle anzubringen. Zu Beginn der Geschichte erfordert das noch ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, damit ihr zur richtigen Zeit die korrekten Antworten geben könnt. Später reduziert das Spiel die Anforderungen darauf, sich lediglich an den Namen der Person zu erinnern, über die ihr gerade eben gesprochen habt.

Zum Ende hin zieht Judgment dann den Schwierigkeitsgrad wieder an und verlangt plötzlich, dass ihr die Fallakte beinahe auswendig kennt. Großen Einfluss auf die Ereignisse hat euer Wissensschatz jedoch nicht. Gebt ihr die korrekten Antworten, erhaltet ihr lediglich ein paar Erfahrungspunkte mehr, liegt ihr hingegen falsch, könnt ihr eure Aussage so lange neu formulieren, bis sie passt.

Regelrecht verstörend können hingegen manche Nebenaufgaben sein, in denen ihr lediglich kurz und knapp gesagt bekommt, was zu tun ist, und dann nie wieder einen Hinweis erhaltet. Schlafen gegangen und über Nacht vergessen, in welcher Straße sich die Zielperson befindet? Pech gehabt.

Viele, viele Minigames

Genau wie in den Yakuza-Titeln dürft ihr auch in Judgment eine geradezu maßlose Zahl an Minigames spielen. Dabei sind nur eine Handvoll Herausforderungen bereits aus Yakuza 6: The Song of Life bekannt, wie das Batting-Center, in dem ihr wieder einen goldenen Baseballschläger freischalten könnt, oder die Arkade-Automaten, die weitgehend die gleichen Titel zur Verfügung stellen. Die meisten Minispiele sind jedoch neu.

Erstmals mit dabei sind etwa die Drohnenrennen, die fast schon eine vollwertiges Spiel im Spiel darstellen. Zu Beginn fallen diese noch recht einfach aus, werden jedoch schon nach wenigen Herausforderungen richtig schwer und erfordern eine Menge Übung.

Um die eigenen Chancen zu erhöhen, lässt sich die Drohne mit neuen Bauteilen verbessern. Die erforderlichen Materialien findet ihr überall in Kamurocho verstreut oder ihr erhaltet sie als Belohnung für absolvierte Missionen. Wer es bis an die Spitze schaffen will, muss fast schon so viel Zeit investieren wie in die optionalen Missionen.

Ebenfalls neu ist das VR-Center, das euch in eine farbenfrohe VR-Version von Kamurocho eintauchen und eine Art Mario Party für Einzelspieler spielen lässt. Durch Würfeln lauft ihr von Feld zu Feld und absolviert verschiedene Herausforderungen, die entweder aus Minigames bestehen, die ihr schon aus der „realen“ Welt kennt, oder aus Prügeleien mit digitalen Gegnern.

Judgment - Launch Trailer
Das Action-Kriminalabenteuer Judgment ist ab heute exklusiv für die PlayStation 4 erhältlich.

Eure Aufgabe besteht darin, so viel Geld wie möglich zu sammeln und das Ziel zu erreichen, bevor euch die Würfel ausgehen. Für ein, zwei Runden ist das ganz spaßig, unterm Strich verliert sich der Reiz jedoch genauso schnell wie bei allen anderen Ablenkungen dieser Art. Keine davon ist wirklich ausgereift beziehungsweise ausgearbeitet genug, um über längere Zeit hinweg zu unterhalten, egal ob Kamurocho of the Dead, Shogi – die japanische Variante von Schach –, sämtliche Arkadeautomaten, Poker, Koi-Koi und noch einige mehr. Teilweise sind sie sogar übertrieben schwer.

Zwar könnt ihr für viele solcher Herausforderungen Gegenstände finden, die einen Sieg einfacher machen, doch meist dauert es ziemlich lange, bis ihr euch diese verdient habt. Wer also absolut alles in Judgment abdecken und die Platintrophäe erhalten möchte, ist gut und gerne 80 Stunden oder länger beschäftigt.

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