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Test - Konami Arcade Classics: Anniversary Collection : Brillant: Nostalgie mit Schuss

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Hallo Konami. Sagt mal, wer stellt denn bei euch die Kompilationen zusammen? Oder anders formuliert: Wer kam auf die Schnapsidee, sieben gute bis hervorragende Shooter durch ein eher durchschnittliches Castlevania-Abenteuer zu ergänzen? Das ergibt hinten und vorne keinen Sinn, zumal von den Shootern sowieso noch gefühlt die andere Hälfte fehlt. Immerhin: In Sachen Spielspaß gibt es der Sammlung mit dem Bandwurmtitel „Konami Anniversary Edition: Arcade Classics“ keinen Grund zur Klage, sofern man was für die alten Schinken übrighat. Die sind allemal unterhaltsamer als die langweiligen Patchinko-Games, die Konami heute produziert, und erinnern an die Zeit, als das Entwicklerstudio noch als Edel-Spieleschmiede gehandelt wurde.

Schon im Auswahlmenü könnte ich flennen. Vor Freude? Vor Wehmut? Hmm, irgendwie kommt beides hin. Der Cursor schwenkt per Knopfdruck über die Titel bahnbrechender Meilensteine in der Geschichte der Shoot ‘em Ups, die mir die Kindheit versüßten. Es gibt kaum ein simpleres und zugleich härteres Spielprinzip als das der heute oft verschmähten Raumschiff-Ballerspiele.

Meine Kindheit? OK, das stimmt nicht ganz, denn eigentlich konnte ich in meiner Kindheit nur einige Homecomputer- und Konsolenumsetzungen dieser Klassiker spielen. Die Originale bekam ich erst als Teenager zu Gesicht. Noch dazu bin ich durch mein 1977er Baujahr eher ein Retro-Spätzünder aus der Fraktion der 8- und 16-Bit Verfechter.

Trotzdem: Namen wie Gradius oder Twinbee klingen für mich wie zärtliche Engelsgesänge; wie der Stoff, aus dem Legenden geschmiedet werden. Und erst Vulcan Venture! Europäer kamen seinerzeit nie offiziell in den Genuss einer halbwegs brauchbaren Version des hochgradig gefeierten Gradius-Nachfolgers. Wir mussten uns mit dem Spin-off Life Force: Salamander zufriedengeben, das in der NES-Version zwar ordentlich spielbar war, aber grafisch viele Federn ließ.

Acht Legenden

Namen, die Geschichte schrieben: Scramble, Twinbee, Typhoon, Gradius, Gradius 2: Vulcan Venture, Life-Force: Salamander, Thunder Cross und Haunted Castle. Wenige Masse, viel Klasse.

Solltet ihr mit diesen Namen nichts anfangen können, dann helfe ich euch mit einer Kurzbeschreibung aus:

Scramble ist ein abgewandelter Abklatsch des Arcade-Klassikers Defender aus dem Jahr 1981, mit einem endlosen, seitwärts scrollen Level, bei dem man Raketen und anderen feindlichen Projektilen, die vom Boden aus abgeschossen werden, ausweichen muss.

Twinbee gehört zu den vertikal scrollenden Ballerspielen. Man steuert ein putziges Raumschiff, das Fäuste verschießt, um Upgrade-Glocken aus Wolken zu ballern. Trift man die Glocken mehrmals auf ihrer Flugbahn, verändern sie ihre Farben und spucken beim Auflesen diverse Upgrades aus.

Gradius ist der Opa der modernen Shmups. Euer Raumschiff, genannt Vic Viper, fliegt horizontal durch den Weltraum und ballert unterwegs fiese Bio-Erreger ab. Beim Vernichten ganzer Formationen hinterlassen Feinde Upgrade-Kapseln, von denen man vorbestimmte Mengen gegen diverse Waffen wie Laser, Raketen oder einen Sidekick eintauscht, der fleißig mitballert. Der Klassiker aus dem Jahr 1985 kommt aber mit nur einem einzigen Obermotz daher, der in jedem Level wiederkommt. Gradius ist mitunter für seinen tollen Soundtrack bekannt.

Gradius 2: Vulcan Venture ist die konsequente Weiterentwicklung des Klassikers aus dem Jahr 1988. Es bietet nicht nur schönere Grafik und noch ohrwurmigere Musik als das Vorgängerspiel, sondern auch die Auswahl aus vier vorkonfigurierten Upgrade-Kombinationen, sowie eine ganze Reihe bildschirmfüllender Endgegner. Gerade wegen der Obermotzparade am Ende deutlich schwerer als der Erstling, aber insgesamt runder und daher eindeutig die Perle dieser Sammlung!

Life Force: Salamander wird als Spin-off der Gradius-Serie betrachtet. In der Originalfassung, die in dieser Sammlung enthalten ist, gibt es keine wählbaren Stufen für Upgrades, wohl aber die typische Gradius-Bewaffnung. Besonders hervorstechend sind zwei Features. Zum einen können zwei Spieler gleichzeitig antreten und zum anderen wechselt die Scrollrichtung in jedem zweiten Level von horizontal auf vertikal. Ebenfalls sehr spielenswert, aber auch ungemein schwer.

Typhoon schwimmt ein wenig auf der Welle der Sega Super-Scaler-Spiele und versucht, ein klassisches Ballerspiel in eine Pseudo-3D-Ansicht zu pressen. Umgebung und Feinde zoomen und rotieren also ständig an einem vorbei. Interessant, aber leider nicht mehr besonders imposant.

Thunder Cross mag unter den Ballerspielen der Sammlung die fortschrittlichste Grafik auffahren, ist aber bei Weitem nicht so raffiniert wie Gradius. Man fliegt mit seinem Raumschiff von rechts nach links und bekommt eine Reihe Gegner vorgesetzt, die so lange wiederkommen, bis man alle erledigt hat. Erst dann erscheint der Obermotz. Ganz nett, aber wenig spektakulär.

Haunted Castle ist eine Spielhallenabwandlung der Castlevania-Reihe, die nach dem immensen Erfolg des NES-Spiels entwickelt wurde. Der Spielinhalt ist allerdings auch gradliniger und erinnert an vielen Stellen mehr an ein Prügelspiel als an ein Plattform-Actionspiel. Ihr benötigt krasse Reflexe, um den teils fiesen Fallen zu entgehen.

Ordentliche Emulation mit zusätzlichen Features

Heutzutage bekommt man natürlich die Originale serviert, die dank hervorragender Emulation bis auf den Pixel genau so spielbar sind wie einst in der Spielhalle. Inklusive aller Macken, die nach heutigen Standards etwas befremdlich wirken. Beispielsweise das Hochkant-Bildformat eines Scramble oder eines Twinbee, das auf modernen Breitbild-TVs noch spärlicher aussieht als damals auf Röhrenfernsehern. Außerdem ruckeln die Games an genau den gleichen Stellen wie anno dazumal auf der Original-Hardware. Das spricht für die Genauigkeit der Emulation.

Für NES-Veteranen heißt das allerdings auch, dass es keine Chance mehr für Mogeleien gibt. Der gute alte Contra-Code (oben, oben, unten, unten, links, rechts, links, rechts, B, A und Start) funktioniert nicht mehr. Wie denn auch, es gibt ja nicht einmal eine „offizielle“ Pause-Funktion, sondern lediglich eine Unterbrechung durch den Sprung ins Optionsmenü. Aus die Maus mit Unverwundbarkeit oder voller Bewaffnung auf Kommando.

Damit Anfänger trotzdem nicht verzweifeln, hat Konami einige wertvolle Spieloptionen nachgereicht. So verfügt jedes Spiel über drei Schwierigkeitsgrade, einen Speicherslot für direktes Zwischenspeichern und eine einstellbare Anzahl an Leben (wenn auch auf eine halbwegs seriöse Menge begrenzt). Außerdem können Buttonkommandos frei auf dem Controller belegt werden, wobei sogar Dauerfeuer und fusionierte Funktionen bereitstehen – etwa das gleichzeitige Abfeuern von Hauptwaffe und Sekundärwaffe.

Dazu kommt der übliche Schnickschnack, den man bei Retro-Kompilationen findet, beispielsweise eine Auswahl an Rahmen, die den ungenutzten Teil des Bildschirms verschönern, eine Option, die die Spielfläche auf volle Bildschirmgröße streckt (das Bild aber furchtbar hässlich macht), sowie ein optionaler Weichzeichner. Als wichtige Anmerkung sei jedoch hinzugefügt, dass Kenner der Klassiker unbedingt die Tooltips am unteren Bildschirmrand deaktivieren sollten. Sie schrumpfen nämlich das Spielfeld ein wenig und sorgen für unsaubere Pixelverhältnisse. Das fällt ganz besonders auf der Switch im mobilen Modus bei 720p ins Gewicht, da man sieht, wie die Grafik an mehreren Stellen unsaubere Pixelumbrüche zeigt. Zum Glück kann man das in den Menüs beheben.

Da fehlt aber noch Einiges

Schmerzlich vermisst habe ich dagegen regionale Versionen und zumindest eine kleine Auswahl der oben erwähnten Heimumsetzungen. Ja, die Automatenfassung von Life Force: Salamander ist erheblich besser als die NES-Fassung, aber Letztere unterscheidet sich nicht nur grafisch, sondern auch spielerisch vom Original, weil sie das vorgefertigte Upgrade-System durch das von Gradius ersetzt – und das ist nebenbei bemerkt ein Feature der internationalen Automatenfassung. Genau deswegen wäre es schön gewesen, wenn Konami etwas tiefer in die Materie gegriffen hätte.

Insgesamt sind acht Titel – so gut sie auch sein mögen – sowieso recht wenig, zumal nicht sonderlich repräsentativ. Ob da wohl noch eine zweite Arcade-Kollektion hinterherkommt? Wäre gut möglich, schließlich fehlen allein in der Gradius-Reihe noch Gradius 3, 4 und 5 sowie die Cute ‘em Up-Auskopplungen der Parodius-Serie. Bei Twinbee hätte ich gerne noch Pop ‘n Twinbee gesehen. Der Uralt-Klassiker Scramble und das Zoom-Ballerspiel Typhoon stehen hingegen für sich alleine, sind aber auch das qualitative Schlusslicht der Sammlung.

Irgendwie total deplatziert scheint mir zudem Haunted Castle, der Automaten-Ableger der Castlevania-Serie. Auch wenn die Compilation Arcade-Classics heißt, hätte sich dieser Titel in der kommenden Castlevania-Sammlung besser hervorgetan.

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