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Test - Pathfinder: Kingmaker : Noch so verbuggt und doch so genial

  • PC
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Wenn es ein Genre gibt, das ganz besonders vom Crowdfunding-Hype profitiert hat, dann wohl das der isometrischen Rollenspiele. Kickstarter hat gezeigt, dass für die von Publishern längst aufgegebenen Oldschool-RPGs durchaus ein Publikum existiert, solange namhafte Marken und/oder Entwickler involviert sind. Pathfinder: Kingmaker bietet gewissermaßen beides. Pathfinder ist ein beliebtes Pen-&-Paper-System, dessen Fans schon lange auf eine PC-Umsetzung warten. Mit Chris Avellone wurde zudem ein Branchenurgestein an Bord geholt. Abseits von großen Namen lässt sich sagen: Entwickler Owlcat Games hat ein solides Grundgerüst auf die Beine gestellt. Doch leider kam die Veröffentlichung wohl etwas zu früh.

Kommen wir gleich zum Elefanten im Raum, wie man im Englischen so schön sagt: den vielen Bugs, die derzeit noch die Freude trüben. „Völlig unspielbar!“, sagen die einen. „Alles komplett übertrieben“, beschwichtigen die anderen. Was stimmt denn nun? Wie so oft liegt die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte. Während es sicherlich für eine laute Minderheit zutrifft, dass sie aufgrund von gravierenden Fehlern festhängt, gibt es wohl ebenso die Gruppe an Spielern, die es einigermaßen problemlos durchspielen konnte. Die Betonung liegt allerdings auf „einigermaßen“, denn frei von Bugs ist Pathfinder: Kingmaker definitiv nicht.

Unspielbar durch Bugs?

Wir selbst haben die gigantische Kampagne (man munkelt 100+ Stunden, die aber sicherlich auch dem vielen Speichern und Laden geschuldet sind) bei Weitem noch nicht durchgespielt und sind bisher von den Spielfortschritt verhindernden Bugs verschont geblieben. Doch Fehler wie Gruppenmitglieder, die sich plötzlich in der Charakterauswahl duplizieren, oder Gegner, die eigentlich tot sein sollten, aber immer wieder aufstehen, waren schon nervig genug. Die Entwickler schießen regelmäßig Hotfixes nach, die aber manchmal mehr neue Wunden aufreißen, als sie flicken.

So hatte sich zu dem Zeitpunkt, in dem diese Zeilen entstanden, ein Bug eingeschlichen, der Pathfinder: Kingmaker tatsächlich so gut wie unspielbar macht, selbst wenn ihn nicht jeder Spieler sofort mitbekommen wird. Dadurch, dass positive Boni von Ausrüstung derzeit bei jedem Laden erneut zusätzlich addiert werden, verschieben sich eure Werte schleichend hin zu einer Art Gottmodus. Ohne Herausforderung macht das Weiterspielen aber nur wenig Spaß. Es ist gut möglich, dass jetzt, da ihr dies lest, zumindest dieser Bug schon wieder behoben wurde. Doch allein die Tatsache, dass ständig neue Baustellen aufgemacht werden, lässt uns derzeit davon abraten zuzugreifen.

Die Entwickler haben einen großen Patch versprochen, der nach dem 22. Oktober erscheinen und die meisten bekannten Fehler beseitigen soll. Bis dahin solltet ihr euch gedulden, denn grundsätzlich lohnt sich das Spiel. Wie wir noch schildern werden, bietet Pathfinder: Kingmaker spielerisch ein mehr als solides Fundament und die Fehler befinden sich in einem Bereich, der sich ausbessern lässt. Darum werden wir dem Spiel einen erneuten Besuch abstatten, wenn der versprochene Patch veröffentlicht ist, und erst dann unser endgültiges Fazit ziehen. Bis dahin findet ihr hier unseren nicht weniger umfangreichen Zwischeneindruck.

Altbekanntes für Dungeons-&-Dragons-Veteranen

Keinem anderen Spiel der letzten Jahre gelang es auf eine ähnliche Weise wie Pathfinder: Kingmaker, von der ersten Minute an das Gefühl zu vermitteln, ihr würdet eigentlich gerade ein Pen-and-Paper-Rollenspiel spielen. Selbst Pillars of Eternity und Divinity: Original Sin versuchen, trotz aller Oldschool-Elemente, die sie durchaus besitzen, in erster Linie ein Computerrollenspiel und nicht eine Computerumsetzung eines Pen-&-Paper-RPGs zu sein. Obwohl die Charakter- und Kampfsysteme auf Würfelergebnissen basieren, werden diese meist elegant im Hintergrund gehalten und mit modernen Komfortfunktionen angereichert. Nicht so in Pathfinder: Kingmaker, wo das Verständnis des zugrundeliegenden Systems Grundvoraussetzung ist.

Fans der Infinity-Engine-Ära (Baldur’s Gate, Icewind Dale, Planescape: Torment) werden sich sofort zurechtfinden, denn das Rollenspielsystem Pathfinder wurde 2009 als Reaktion auf einige unliebsame Änderungen, die durch die vierte Edition von Dungeons & Dragons eingeführt wurden, ins Leben gerufen. Es basiert daher stark auf der Version 3.5 von D&D, wodurch die grundlegenden Spielmechaniken sehr ähnlich zu jenen der Klassiker von Bioware und Black Isle Studios ausfallen.

Doch nicht nur beim Regelwerk sind die Parallelen zu den großen Vorbildern frappierend. Auch die Umsetzung weckt sofort nostalgische Erinnerungen. Die Weltkarte ist in unzählige, oftmals sehr kleine Einzelgebiete unterteilt, die ihr in beliebiger Reihenfolge erkunden könnt. Dialoge geben euch zahlreiche Antwortmöglichkeiten, die zum einen eure Gesinnung beeinflussen und zum anderen oft einen erfolgreichen Würfeltest voraussetzen, etwa wenn ihr versucht, euer Gegenüber einzuschüchtern. Da all eure Begleiter, die ihr nach und nach im Zuge der Story aufgabelt, ihre eigene Gesinnung mitbringen, sind Konflikte vorprogrammiert – das kennen wir ebenso von früher.

Pathfinder: Kingmaker - Launch Trailer
Owlcat Games und Deep Silver haben heute das PC-Rollenspiel Pathfinder: Kingmaker veröffentlicht.

Gnadenlos wie eh und je

Diese Treue zur Vorlage und der goldenen Ära der Rollenspiele hat aber auch ihre Schattenseiten, wobei zumindest ein Aspekt auch positiv gesehen werden kann: die Gnadenlosigkeit, mit der euch Pathfinder teils unbezwingbare Gegner entgegenwirft. In jedem neuen Gebiet, das ihr erkundet, kann der sichere Tod lauern. Nur weil das Nachbargebiet locker zu schaffen war, heißt das noch lange nicht, dass es im nächsten ebenso der Fall ist. Wieso auch sollten alle hochstufigen Monster in nur einem Teil der Weltkarte leben?

Oftmals unterschätzt man die Gegner aber einfach nur oder begegnet ihnen mit der falschen Taktik. Dann kann eine veränderte Herangehensweise Wunder wirken. Manchmal bekommt ihr es aber schlicht und ergreifend mit übermächtigen Kontrahenten zu tun. In solchen Fällen ist es nervig, dass Flucht kaum möglich ist. Daher heißt es regelmäßig speichern, neu laden und sich das Gebiet für später aufheben. Schade ist dabei lediglich, dass schnell die Übersicht verloren geht, welche Gegenden noch unerledigt sind. Nur wenn ihr getötet wurdet und exakt den automatischen Speicherstand ladet, der beim Betreten des Gebiets erstellt wurde, wird euch angezeigt, dass ihr das Areal zwar besucht, aber noch eine Rechnung offen habt.

Der Balanceakt modernen Spieldesigns

Die Tatsache, dass ihr auch schon in Baldur’s Gate & Co. plattgemacht wurdet, wenn ihr ein falsches Gebiet zur falschen Zeit betreten habt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es sich um gutes Spieldesign handelt. Die Klassiker sind bei aller Verklärung weit weg von der Perfektion. Selbst wenn man aber akzeptiert, dass derartiges eben zum Spiel dazugehört, leidet Pathfinder: Kingmaker weiterhin an Balancing-Problemen, obwohl die schwerwiegendsten bereits per Hotfix behoben wurden.

Die Krux dabei ist vor allem die Inkonsistenz: Im selben Gebiet können 90 Prozent der Gegner Kanonenfutter sein, während die restlichen 10 Prozent den Boden mit euch aufwischen. Ähnliches gilt für Zufallsbegegnungen auf Reisen. Einmal vom falschen Gegner erwischt, war es das und ihr könnt nur noch zusehen, wie ein Gruppenmitglied nach dem anderen den Lebensgeist aushaucht. Gegenüber der Pen-&-Paper-Vorlage sind zudem die Werte der Gegner durch die Bank nach oben geschraubt worden, sodass einige von ihnen aufgrund des Regelwerks quasi unverwundbar gegenüber Standardattacken sind, wenn eure Party noch nicht erfahren genug ist.

Natürlich gibt es Alternativen in Form von Magie, Spruchrollen, Bomben und Zauberstäben, aber diese stehen nur limitiert zur Verfügung. Insbesondere zu Beginn des Spiels ist die Auswahl eurer Kameraden noch sehr überschaubar, wodurch ihr womöglich die passende Antwort einfach nicht parat habt. Den Schwierigkeitsgrad zu ändern, ist bei Pathfinder: Kingmaker sicherlich keine Schande, verschiebt die Problematik dieser Schwierigkeitsspitzen, die ja offenbar zum Teil gewollt sind, jedoch nur.

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