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Test - The Cursed Crusade : Altmetall statt Assassinen?

  • PS3
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Die Begeisterung für das Mittelalter ist ungebrochen: Fans wüten wie Heuschrecken auf Mittelaltermärkten, verschlingen Romane, bauen am Rechenknecht Festungen bei Stronghold oder pirschen als berobte Meuchler durch historische Städte. Immer dabei: der Ritterstand. Assassinen wie Altair, Ezio und Co. gehen dabei recht rabiat mit den Rüstungsträgern um – als Dutzendware werden sie zu Leichenbergen aufgetürmt oder das tapfer-dumme Altmetall wird gar spontan im Canale Grande endgelagert. Was also läge näher, als den Spieß endlich mal umzudrehen und in der Haut von adeligem Dosenfleisch allerlei Finsterlingen zu zeigen, wo der Kriegshammer hängt?

Das dachte sich wohl auch Entwickler Kylotonn – dieser Tage kommt dessen vermeintlich runderneuerte Mittelalterschlachtplatte The Cursed Crusade auf den Markt. Und die legt mit einer mysteriösen Introsequenz los. Danach finden wir uns in der Rüstung des jungen Templers Denz de Bayle wieder. Seine Familiengeschichte ist eher tragisch: Sein Onkel nahm ihm nämlich nicht nur Mutter und Erbe weg – nein, zu allem Überfluss kehrte der Vater des Adeligen auch nie aus dem dritten Kreuzzug zurück. Denz will sich daher Kreuzzug Nr. 4 anschließen, um Papa nach Hause zu holen und den finsteren Oheim aus den heimischen Gestaden zu vertreiben ...

Nenn mich ... November?!

Der verarmte Denz beteiligt sich als Söldner an einer Belagerung, wo er sich mit dem Glücksritter Esteban Noviembre zusammentut. Hier übernehmen wir zum ersten Mal länger den Controller: Nach der simplen Erstürmung des Torhauses betreten wir den Innenhof der Feste. Dort wollen uns allerlei Gemeine ans Leder, die wir mit einem wuchtigen Zweihänder zu Klump hauen oder auch mal mit einer von gut 100 fiesen Fatalitys entsaften. Man merkt, dass die Jungs bei Kylotonn auf archaische Hau- und Stechwerkzeuge stehen. Jedes herumliegende Stück Stahl kann benutzt werden, nimmt bei der Dauermetzelei aber Schaden. Gelegentlicher Armbrusteinsatz lockert das ständige Filetieren etwas auf.

Dabei ist das Kampfsystem zu keiner Zeit auf cineastische Agilität ausgelegt, wie beispielsweise bei Assassin’s Creed: Ein trügerisch vielseitiges, im Vergleich mit Ubisofts Meuchlermär aber behäbiges Repertoire aus Vertikal- und Horizontalhieben, Paraden und Riposten will nach und nach erlernt werden. Dabei stehen einem im Verlauf des Spiels gut 130 Todbringer und über ein Dutzend Stile zur Verfügung. Worunter nicht nur derbe Großwaffen fallen, sondern auch der Kampf mit Waffe und Schild oder gar zwei verschiedenen Mordwerkzeugen. Vorbildlich: Nimmt Denz einen Schild mit, setzt aber momentan auf anderes Gerät, so schützt die umgehängte Defensivwaffe seinen Rücken gegen feige Angriffe von hinten!

The Cursed Crusade - Staaart! Die ersten 10 Minuten der PS3-Version
Wir haben für euch die ersten zehn Minuten aus The Cursed Crusade für die PS3.

I’m Horny ...

Die beiden Recken vereint weit mehr als die Liebe zur Humankompostierung: Sie sind verflucht! Auf Tastendruck gebieten sie über eine Dämonengestalt, die das Spiel in eine Höllenvision verwandelt und dabei entsprechende Fähigkeiten ermöglicht – so können sie à la Dantes Inferno Feinde rösten oder deren Seelen läutern. Die Kräfte können mit „Siegespunkten“ ausgebaut werden. Auch Schwertkunst und Attribute wie Rüstung sowie Kombos lassen sich so steigern. Die Dämonenkräfte führen im Koop-Modus theoretisch zu interessanten Konstellationen: So kann einer der beiden Recken den Gegnern weltlich, der andere höllisch zusetzen.

Der unfertige Kreuzzug

Interessant ist hier außer der schönen Grundidee allerdings wenig: Über die nüchterne Präsentation und die hölzerne Mimik der Charaktere ließe sich dabei ebenso hinwegsehen wie über Treppeneffekte und verwaschene Texturen der getesteten PS3-Version. Aber die Geschichte wird im Verlauf des Spiels immer kruder, sie rückt von interessanten historischen Konstellationen ab, was zu teils unfreiwilliger Komik führt. Zwischensequenzen enden abgehackt, wirken wie „weggedrückt“. Das altbackene Level-Design und dessen klinische Statik tun da ihr Übriges. Einzig eine solide Vertonung und das atmosphärische musikalische Ambiente sorgen bei der monotonen Fließbandschlachterei für etwas Abwechslung.

Fazit

von Bernhard Trecksel
Schwertjünger warten lieber auf Dark Souls: Mir ist durchaus klar, dass man in Rüstung nicht stundenlang rumturnen und akrobatische Manöver ausführen kann. Aber die sumpfigen Schlagabtausche, bei denen man sich – insbesondere beim Kampf gegen wirklich schwer gepanzerte Ritter – fühlt, als sähe man zwei Sumo-Ringern beim Wälzen in Schnellbinderzement zu, rauben einem jede Geduld. Vor allem da sie zwischendurch nicht durch Kopfnüsse oder Ähnliches aufgelockert werden, wie die Konkurrenz sie bietet. So lässt das Spiel die Grundkonstanten missen, die man sich als Fan von Ritter- oder Fantasy-Szenarien nun mal wünscht: Satte Epik! Das soll beileibe nicht heißen, dass The Cursed Crusade ein durchgängig schlechtes Spiel ist. Jedoch überwiegen die Nachteile. Bis auf ein paar Quick-Time-Events und die Aufstiegsmechanik bietet das Dauergemetzel in düsteren Levelschläuchen zu wenig Abwechslung. Dass der Titel teilweise auch noch wie ein vier Jahre altes Spiel aussieht, fällt bei den spielerischen Kritikpunkten gleich doppelt schwer ins Gewicht. Wirklich schade – The Cursed Crusade hätte nicht nur von Juni bis September überarbeitet werden sollen: Ein oder zwei Jahre Entwicklungszeit mehr hätten hier wirklich gutgetan und eventuell einen Hit daraus gemacht – die Anlagen sind da. Verschenktes Potenzial.

Überblick

Pro

  • Kampagne im Koop spielbar
  • düstere Atmosphäre
  • markige Fatalitys
  • blutig-erwachsenes Szenario

Contra

  • nervige Kamerapositionen
  • stupide KI
  • kein Speichern in Missionen
  • zähes Kampfsystem
  • unreife, teils unlogische Geschichte
  • vermeidbare Physik-Bugs

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