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Test - F1 23 : Test: Viele kleine Verbesserungen, aber eine Sache stört uns gewaltig

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Wenn doch nur die Deutsche Bahn so pünktlich wäre wie das jährliche Update des Formel-1-Zirkuses. Jedes Jahr zur selben Zeit frischt Codemasters die virtuelle Rennsportsaison auf und beglückt Freunde des Spektakels mit kleinen, feinen Anpassungen. Es wäre eine maßlose Übertreibung, den Vorgänger obsolet zu nennen, aber echte Fans der Königsklasse kommen allein aufgrund des aktualisierten Streckenkatalogs nicht an der neuesten Iteration vorbei. Was F1 23 sonst noch zu bieten hat, erfahrt ihr in diesem Test.

Die Liste der neuen Features in F1 23 ist kurz. Oh, welch Überraschung. Dass Codemasters auch dieses Jahr nicht viel Neues auftischen kann, liegt in der Natur eines solchen jährlichen Updates. Die F1-Serie glänzt seit jeher durch gehöriges Feintuning. Kein Grund zum Meckern, schließlich sind auch bei einem Sportwagen kleinste Anpassungen im Millimeterbereich für schnellere Rundenzeiten verantwortlich. Ausnahmen wie der VR-Modus, der letztes Jahr Premiere feierte und für PC-Gamer kaum noch wegzudenken ist, bestätigen die Regel.

Der Status Quo zitiert somit die Stärken der letzten beiden Jahre herbei. Hier schraubte man ein wenig am Lenkverhalten und der Physik, da packte man einige Spielmodi in ein neues Gewand, und nicht zuletzt feiert der von der Netflix-Serie Drive to Survive inspirierte Storymodus ein Revival. Genügt das für eine Vollpreis-Anschaffung, wenn der Vorgänger bereits auf der Festplatte schlummert?

Wie bitte? Kein PSVR2?

Ansichtssache, denn ob ihr nur mal ein paar Runden drehen wollt oder mit Haut und Haar dem Sport verfallen seid, könnt nur ihr selbst einschätzen. An Spielspaß mangelt es jedenfalls nicht, daher ist das Schlimmste, was euch passieren kann, ein wenig mehr Kohle auf den Kopf zu hauen.

Ganz ohne einen handfesten Kritikpunkt kommt Codemasters dieses Mal trotzdem nicht davon. Das unter der Electronic-Arts-Flagge arbeitende Studio verpasste die Chance, PS5-Spielern ein großes Geschenk zu machen. Von einer erhofften PSVR-2-Unterstützung dürfen Besitzer des momentan stark vernachlässigten Headsets nämlich nur träumen, obwohl eine Implementierung auf Basis der Steam-VR-Unterstützung kaum Aufwand mit sich gebracht hätte.

Im Ernst jetzt? Da müssen wir mal Klartext reden. Zugegeben, VR ist ein Nischensegment, und ja, die Verkaufszahlen von Sonys neuem Headset liegen unter den Erwartungen. Aber angesichts der einfachen Umsetzbarkeit dieses auf dem PC längst vorhandenen Features haben PS5-Spieler jedes Recht, die beleidigte Leberwurst zu mimen. Meine Herren, wir sprechen hier von einem Genre, das mitunter am meisten von virtueller Realität profitiert (siehe die hervorragende Implementierung in Gran Turismo 7) - und dann sowas. War der Zeitraum dafür zu kurzfristig? Hätten zusätzliche grafische Anpassungen den Veröffentlichungszeitraum gefährdet?

Na gut, ist als Ausrutscher verbucht. Nächstes Jahr gibt es aber keine Ausreden mehr, denn unser PC-Testmuster flimmerte aus gutem Grund beinahe permanent durch die LCD-Screens von Meta Quest 2. Virtuelle Realität ist in Rennspielen nicht nur wahnsinnig immersiv, sondern auch von spielerischem Vorteil. In Kurven hineinschauen, verbesserte Distanzabschätzung und mehr ermöglicht so eine Brille fünf Mal besser als jedes drei Monitore breite Profi-Rig. Was nicht heißen soll, die PC-Variante wäre perfekt. Bei vielen Spielern stehen beispielsweise mehr wählbare Kameraperspektiven auf der Wunschliste. Dass Codemasters das ignoriert, resultiert in einem herzerschütternden Mimimi, bei dem so mancher Sim-Profi höchstens mit den Augen rollt. Aber dass PSVR2 komplett ignoriert wurde, ist ein wirklich grober Schnitzer. Rant-Ende.

Ohne Teer und Schmierseife

Genug über das geredet, was fehlt. Lasst uns lieber zu jenen Features kommen, an denen Codemasters geschraubt hat. Allem voran an der Physik und der Steuerung.

Allein durch die Beachtung der realen Fahrzeugbedingungen für die aktuelle Saison war eine Verbesserung des Lenkverhaltens zu erwarten, doch fällt sie noch besser aus als gedacht. Neigten sämtliche Flitzer letztes Jahr noch zum Untersteuern beim Kurveneintritt und zum Übersteuern beim Verlassen, kommt das Handling dieses Jahr ein ganzes Stück gutmütiger und rücksichtsvoller daher.

Zum Unmut knallharter Sim-Fans leider auch mit merklich geringerem Feedback am Lenkrad, sodass man nach dem Abschalten sämtlicher Fahrhilfen noch weniger abschätzen kann, wann die Reifen an Haftung verlieren. Ist aber zu verschmerzen, weil das durch das gutmütigere Fahrverhalten seltener der Fall ist. Immerhin kommen sich alle, die sich für ein paar sanfte Helferlein wie Traktionskontrolle und Drift-Hilfe nicht zu schade sind, nicht mehr vor, als wäre an jedem dritten Kurveneingang ein Teerfass ausgekippt worden. Oder Schmierseife am Kurvenausgang.

Damit steht fest: Codemasters F1-Versoftung bleibt ihrem Konzept als Mittelweg zwischen Sim- und Arcade-Rennspiel treu. Vielleicht schwingt das Pendel nun sogar einen Hauch stärker Richtung Arcade-Spaß, denn die Steuerung mit einem Controller wirkt dieses Jahr noch geschmeidiger als sonst. Schnelle Starts gelingen häufiger, das Einlenken in langsamen Kurven hat weniger etwas von einer Schnecken-Rallye und der Bremswiderstand in schnellen Kurven wirkt bei ABS-Zuschaltung weniger unnachgiebig.

Nein, damit wird Codemasters Lenkrad-Liebhaber nicht von ihren teuren Schmuckstücken weglocken, denn die Kehrseite der vereinfachten Joypad-Steuerung äußert sich in heftigeren Auswirkungen bei Fehlern. Schließlich bedeutet mehr Gesamtgeschwindigkeit auch höherer Radius beim Ausbrechen von der Ideallinie. Aber womöglich können die Entwickler ein paar Casual-Gamer beglücken, denen die neue Controller-Steuerung einen leichteren Einstieg beschert.

Neusortierte Spieloptionen

Das würde gut zum restlichen Konzept der diesjährigen Auskopplung passen, die in jeglicher Hinsicht versucht, abseits der eigentlichen Rennen kurzweiliger zu erscheinen. So wurden vereinzelte Spielmodi beispielsweise in einen Rahmen gepackt, der dazu motiviert, auch mal kürzere Sitzungen einzulegen.

Das System der sogenannten F1-World zerlegt den Rennalltag in Serien mit diversen Vorgaben, die zwar Teil der Saison sind, aber deren Ablauf nicht streng verfolgen. Auch darf man hier Lizenzen frei nach Schnauze verbessern oder Herausforderungen (sogenannte Ziele) einzeln angehen, die in täglichen und wöchentlichen Abständen erneuert werden, sodass man immer etwas zu tun hat. Als Belohnung winken unwichtige Goodies wie beispielsweise Aufkleber für ein virtuelles Panini-Album und Upgrades für das Fahrzeug.

Da an den unwichtigen Goodies so wenig Mehrwert haftet, dass man manchmal kaum gewillt ist, sie überhaupt zu verwenden, besteht der größte Sinn im Selbstzweck, das Fahrzeug für diesen Modus zu verbessern, auf dass man noch mehr sinnloses Zeug freischaltet. Allerdings mit Upgrades, die nur temporär einsetzbar sind oder nur in einem spezifischen Teil eines Rennens Wirkung entfalten, wodurch F1-World wenig realistisch, wenn nicht sogar ein wenig hohl erscheint. Mehr noch: Teile, die man nicht gebrauchen kann, muss man händisch auseinandernehmen, um Platz im Inventar zu schaffen. Der Gedanke dahinter ist nicht schlecht, weil man auch neue Upgrades zusammenbauen darf, sofern man Teile dafür hat. Nut das Management wirkt etwas umständlich.

Allen, denen das sonst übliche Abklappern des Rennkalenders zu müßig war, dürfte dieser Spielmodus dennoch besser gefallen. Ein- und Ausstieg sind erheblich ungezwungener, zumal der Unterhaltungswert aufgrund der höheren Abwechslung öfter motiviert, das Spiel einzulegen, und wenn es nur für eine 30-Minuten-Sitzung ist.

Naserümpfende Puristen ignorieren derweil all das und wählen stattdessen die klassische Karriere, bei der ihr entweder die Rolle eines Fahrers in einem existierenden Team übernehmt oder einen eigens kreierten Rennstall ins Rennen schickt. Karriere und My Team verfolgen exakt denselben Aufbau wie in den Jahren zuvor. Ein Start in der Formel 2 ist zwar kein Zwang, aber möglich, und ansonsten wird hier der Rennkalender mit allen Events der Rennwochenenden fein säuberlich mit dem Skalpell seziert. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.

Ein Fest für Netflixer

Das größte Highlight in F1 23 dürfte unzweifelhaft die neue Version der Story-Karriere sein, die direkt dort anknüpft, wo ihr Gegenstück 2021 endete.

In Breaking Point kehrt der gereifte Jungstar Aiden Jackson zurück, um abermals die Formel 1 aufzumischen. Dieses Mal allerdings in einem anderen Team. Nicht bei Mercedes und Co., denn für einen Sprung dieser Rangordnung reichte es nicht. Er setzt seinen guten Namen für einen brandneuen Rennstall namens Konnersport Racing ein, bei dem er dem Kommando des Vaters seines Teamkollegen Devon Butler untersteht. Eine Kombination, bei der Knatsch vorprogrammiert ist, schließlich wurde Devon beim letzten Breaking-Point als Miesepeter porträtiert.

Keine Angst, eine Wiederholung alter Konfliktpunkte bleibt aus – auch weil weitere Figuren im Mittelpunkt stehen. Beispielsweise eine Formel-2-Fahrerin mit großen Ambitionen. Aber großes Drama ist nach wie vor der Dreh- und Angelpunkt im Erzählstrang. Nicht jede Entscheidung des Rennstalls wirkt nachvollziehbar, während die Attitüde der beiden Fahrer jeder Seifenoper schmeicheln würde. Sei es drum. Man mag über den Realismus der Handlung streiten, aber unterhaltsam ist sie allemal, zumal sie den darauffolgenden Rennen einen Betrachtungswinkel verpasst. Es geht letztendlich um eine Geschichte und nicht um den Erfolg auf der Tabelle. Wer lieber WM-Punkte zählt, sollte sich lieber an den normalen Karrieremodus halten.

Breaking Point verfolgt dagegen das Ziel mit allen Mitteln unterhaltsam zu sein, was dank der merklich verbesserten Animationen der virtuellen Darsteller, nachvollziehbaren Ausdrücken in den Gesichtern, guten Sprechern und einer benzingeschwängerten Atmosphäre gut gelingt. Das Endergebnis mag ein wenig zu klischeehaft und überspitzt sein, aber auch das hat seinen Platz im Rennsport. Andernfalls wäre die Netflix-Pseudo-Doku Drive to Survive nicht halb so erfolgreich.

Der einzige echte Kritikpunkt liegt im Mangel an Einfluss. Man klappert eine Handlungsstation nach der anderen ab, ohne ihren Ablauf zu verändern. Mehr als die ein oder andere veränderte Antwort gegenüber der Presse darf man nicht erwarten. Das nagt bei lediglich 17 kurzen Kapiteln gehörig am Wiederspielwert. Nach spätestens acht Stunden ist Schluss.

Technisch auf der Höhe

Technisch gibt sich Codemasters derweil keine Blöße. Im Gegenteil, der neue Las-Vegas-Kurs sieht wahnsinnig gut aus und macht ausgiebig von HDR-Kontrasten Gebrauch. Was uns gleich zu einer Verbesserung gegenüber den letzten Jahren bringt: Endlich ist auch ein ganz normaler HDR-10-Modus verfügbar, der in der PC-Version auf allen gängigen HDR-Bildschirmen funktioniert, egal ob Fernseher oder PC-Monitor.

F1 23 - Launch Trailer

Die diesjährige Rennspiel-Simulation F1 23 ist ab dem heutigen 16. Juni 2023 offiziell erhältlich.

Generell scheint sich die Formel-1-Serie auf dem PC sichtbar fortzuentwickeln, wenn es um Texturen, allgemeine Beleuchtung und Raytracing geht. Der Asphalt wirkt auf einigen Strecken noch griffiger und schärfer, während die VR-Unterstützung ebenfalls knackiger (soll heißen weniger unscharf) wirkt. Wobei der letzte Stichpunkt nicht an jeder Stelle greift. Wir sind uns nicht sicher, ob es am DLSS liegt oder ob etwas an der grafischen Darstellung verändert wurde, aber einige weit entfernte Hintergründe leiden bei Tageslicht unter sichtbarer Unschärfe. Nicht nur an den Rändern, sondern auch bei Innenflächen.

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Abseits davon scheint sich eine Abkehr von den Last-Gen-Konsolen bereits anzukündigen. Ob sie nächstes Jahr überhaupt noch bedacht werden, können wir nicht einschätzen, aber angesichts der steigenden Detailfülle halten wir das für unwahrscheinlich, sofern die Grafikqualität nicht ins Bodenlose heruntergeschraubt oder auf flüssige 60FPS verzichtet wird.

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