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Test - Homeworld 3 : Test: Die Klassiker-Serie schlägt zurück!

  • PC
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Homeworld hat noch immer seine Fans, doch das Genre der Echtzeitstrategie insgesamt darbt seit Jahren. Mit einer modernen Fassung des Spielprinzips zeigt die dritte Auflage der Weltraum-Serie, dass hochwertige Unterhaltung in Echtzeit und im Weltraum möglich ist. Warum ein neuer Spielmodus sich perfekt einfügt und wo Homeworld im Detail noch schwächelt, lest ihr im Test.

Wer 1999 prophezeit hätte, dass Homeworld auch 25 Jahre später noch eine Vollpreis-Fortsetzung bekommt, während EA und Blizzard ihre Echtzeit-Kronjuwelen höchstens mit etwas Politur und Extra-Pixeln neuauflegen, hätte bestenfalls freundliche Skepsis als Reaktion erlebt. Waren nicht alle richtigen 3D-Ausflüge des Genres der letzten Jahre bestenfalls mittelprächtig von Presse und Publikum angenommen worden? Und lässt sich das ewige Problem der Orientierung in den unendlichen Weiten gut in den Griff bekommen?

Das kanadische Studio Relic Entertainment nahm sich seinerzeit mit ihrem Erstlingswerk einer enormen Herausforderung an, meisterte sie jedoch exzellent und wurde über Nacht zum Top-Studio im Genre, Homeworld selbst zum insgesamt höchstbewerteten PC-Spiel des Jahres. Ein Vierteljahrhundert und eine Publisher-Insolvenz später erscheint nun der dritte Teil der Serie, entwickelt von ehemaligen Relic-Veteranen bei Blackbird Interactive, die 2016 mit dem Prequel Deserts of Kharak debütierten. Ein engagiertes Team, das ein funktionierendes Konzept weiter verfeinert statt verwässert – bei Homeworld 3 deuten also alle Zeichen darauf, dass im Foyer Platz für Awards gemacht werden muss.

Unendliche Weiten

Und dem ist auch so. Homeworld 3 überzeugt im freien Spiel ebenso wie in der Kampagne, es meistert fast alle Herausforderungen mit Bravour. Die wenigen verbliebenen Kritikpunkte sind überwiegend von der Sorte „Darüber schreiben halt Leute, die für Spielekritik bezahlt werden.“ Die größte Herausforderung und gleichzeitig wichtigste Errungenschaft des Titels: Homeworld 3 gelingt es, sowohl ein überzeugendes Weltraumgefühl zu vermitteln, als auch den Spielraum beherrschbar zu machen. Diese Kombination verdient enormen Respekt!

Thema Weltraum: Wohl jede Person hat so ein paar „Woah“-Momente in Bezug auf den Kosmos. Vielleicht die erste klare Sternennacht jenseits der urbanen Lichtverschmutzung, ein Ausflug ins Planetarium oder Bilder des Hubble-Teleskops. Dieser Eindruck der unfassbaren Größe und Gewaltigkeit des Raumes wird von Homeworld 3 gut eingefangen. Der spielbare Bereich der Karten, die 3D-Übersicht, die an große Gasnebel erinnert, und auch der Hintergrund der Spielgebiete, all das fängt ein Weltallgefühl sauber ein.

Gleichzeitig besteht dabei aber auch ein enormes Risiko: Uns einfach an der nächsten Supernova abzusetzen und wild im Raum ein paar Lichtjahre entfernt Missionsziele oder Gegner zu platzieren, wäre ein Rezept für Orientierungslosigkeit, Leere und Langeweile. „Im Weltraum hört dich niemand spielen?“ Braucht es nicht, und deswegen tut Homeworld 3 genau wie die Vorgänger alles dafür, vor seiner imposanten Kulisse Orientierung und Interaktion zu bieten.

Die Karten in den freien Spielmodi und den Missionen bieten Anhaltspunkte organischer Natur wie Asteroidenfelder oder teils aberwitzig riesige Rauminstallationen. So ist die Orientierung im Spiel meist gegeben und immer leicht herzustellen – auch das Interface hilft dabei, die eingangs erwähnte stets verfügbare Karte, eine zuschaltbare Höhenansicht oder auch geometrische Umrisse der eigenen oder feindlichen Schiffe wie etwa bei der Supreme-Commander-Reihe, die nach kurzer Eingewöhnung schnell lesbar sind. Notfalls hilft der Pause-Modus oder die Reduktion der Spielgeschwindigkeit.

Kontrollierte Offensive

Indem es diese großen Herausforderungen also schonmal gemeistert hat, muss Homeworld 3 also „nur“ noch ein gutes Echtzeitstrategiespiel abliefern. Und das tut es. Wenig überraschend für alle, die die Serie oder andere traditionelle Spielereihen von Serienschöpfungsstudio Relic wie Dawn of War oder Company of Heroes kennen: Homeworld 3 ist keines jener Einigel-Echtzeitstrategiespiele, in denen wir uns eine gemütliche Aufbauphase gönnen und erstmal schauen, wo wir neckische Abwehrmauern platzieren und wie wir unsere Verteidigungsbunker tapezieren.

Basenbau im klassischen Sinne gibt es praktisch keinen, lediglich semi-mobile Geschützeinheiten lassen sich formal in die Landschaft stöpseln. Unsere Fregatten und Korvetten laufen auch nicht in einem Hauptgebäude vom Stapel, sondern im Mutter- oder in Trägerschiffen. Einheiten und Ressourcen-Management – es gibt genau eine, und das Recyclen der eigenen Flotte ist eine explizite Maßnahme zur Generation weiterer Rohstoffe – sind klar auf Offensive getrimmt.

Das spricht sicherlich nicht alle Spieltypen an, aber es funktioniert, auch weil Homeworld 3 ein übersichtliches Arsenal an Schiffstruppen verwaltet, die allesamt Sinn ergeben, vom kleinsten Aufklärer bis zur „Architekturbüro Todessterne GmbH & Co. KGaA“-Monstrosität. Wie gehabt, sind eine Reihe von Schiffen eher darauf spezialisiert, die kleinen nervigen Gegner-Einheiten vom Himmel zu holen, während andere es darauf ankommen lassen, großen Gegnern großen Schaden hinzuzufügen. Ein Deckungssystem wie in Company of Heroes gibt es zwar nicht – das würde auch wenig Sinn ergeben –, aber es ist durchaus möglich, etwa hinter einem Asteroiden Schutz vor reichweitenstarken Waffen zu suchen.

Zudem bringen fast alle Schiffe eine Spezialfähigkeit mit sich – vom Tarnen (solange kein Schuss abgegeben wird) bis zu Schub- oder Schussboni oder auch einer Stärkung der umliegenden Flotte ist alles dabei. Frontal sind die Fregatten, Kreuzer und Konsorten besser gepanzert als insbesondere am Bürzel, was sich einerseits taktisch ausnutzen lässt und wogegen andererseits Formationen unserer Gruppen schützen. Diese bekannten und bewährten Mechaniken funktionieren auch im All, naturgemäß dauert das Umherfliegen allerdings etwas länger als etwa ein schneller Rückwärtsgang von „Command & Conquer“-Panzern. Bei allem Wohlgefallen des Interfaces mit seinen cleveren Übersichts- und Komfortfunktionen bleibt Homeworld 3 damit ein anspruchsvollerer Vertreter seines Genres.

Kampagne: Erzählerisch stark, spielerisch mit Verbesserungspotenzial

Um diese spielerische Vielfalt näher zu bringen, präsentiert Homeworld 3 eine Kampagne, die an die Geschichte des zweiten Teils anknüpft. Aus mysteriösen Gründen versagen immer mehr Ausgänge für den Transport im Hyperraum. Das ist nicht nur logistisch ärgerlich, denn die Raumzeittunnel sparen eine Menge Zeit, sondern bedroht auch den fragilen Frieden in der Galaxie. Richtig, es ist unsere Aufgabe, hier aufseiten der Hiigarier und dem Mutterschiff Khar-Kushan nachzuforschen und … viel mehr lässt sich ohne Spoiler-Gefahr gar nicht erzählen. Nur so viel: Die Geschichte fängt emotional ein und verzichtet auf allzu offensichtliche Plot-Twists der Marke (zensiert weil Spoilergefahr).

Ein Plot-Twist hingegen kommt überraschend: Ganz so hochkarätig wie das Spiel und die Geschichte ist die Kampagne selbst nicht ausgefallen. Die Missionen werden keineswegs langweilig und Blackbird Interactive war auch sichtlich um abwechslungsreiche Missionsziele und -karten bemüht. Zur absoluten Königsklasse gereicht das Spielerlebnis jedoch nicht – das Balancing der Missionen ist eine Spur zu uneben, die Missionsgestaltung selbst bleibt gut, aber eben nicht sehr gut; das gewohnte Mitnehmen von Einheiten und Forschung von Aufgabe zu Aufgabe bedeutet zudem noch mehr Fokus auf offensives Vorgehen. Erst im allerletzten Einsatz dreht Homeworld 3 richtig auf und erfordert wirklich sämtliches Wissen von uns. Und auch wenn die Gesichtsanimationen und einige Kamera-Einstellungen der Videosequenzen überzeugen, lässt sich das nicht von sämtlichen Einspielfilmen sagen.

Expedition erfolgreich

So bleibt auf höchstem Niveau die Kampagne als der einem Schwachpunkt am nächsten kommende Aspekt. Hinterher jedoch haben wir nicht nur das Handwerkszeug von Homeworld 3 gelernt, sondern können uns sowohl in schnelle Matches gegen menschliche oder KI-Kontrahenten stürzen als auch in einen „Kriegsspiel“ genannten Roguelike-Modus, in dem wir prozedural generierte Missionen mit einer Truppe durchstehen und uns dabei über Artefakte für verschiedene Weiterentwicklungen unserer Schiffchen entscheiden dürfen. Mehr Wums und dafür weniger Schub? Oder doch lieber reduzierte Kosten? Das macht Spaß und bringt die Stärke des Homeworld-Systems noch besser zum Tragen.

Homeworld 3 - War Games Demo Trailer

Den War-Games-Modus könnt ihr dank einer Demo nun vorab in Homeworld 3 ausprobieren.

Für die kommenden Monate hat das Team bereits einige DLC-Pläne veröffentlicht, inklusive neuer Fraktionen, sowie einige kostenlose Karten und Artefakte. Auch eine umfangreiche Mod-Unterstützung ist bereits ab Werk dabei. Was Fans hierzulande womöglich etwas schmerzen könnte: Sprachausgabe im Spiel findet ausschließlich auf Englisch statt. Bildschirmtexte selbst sind natürlich auf Deutsch verfügbar, auch wenn es die Übersetzung manchmal etwas gut gemeint hat („Produktionsstapel“).

Ein Vierteljahrhundert ist ein Wimpernschlag in kosmischen Dimensionen, in der Spieleentwicklung eine halbe Ewigkeit. Homeworld 3 zeigt, dass sich mit viel Leidenschaft und Liebe zum Detail auch ein klassisches Konzept modern und spannend umsetzen lässt.

Greift zu, wenn...

… ihr Echtzeit-Strategie oder Weltraum-Spiele auch nur mittelbar mögt.

Spart es euch, wenn...

… eine deutsche Sprachausgabe für euch unverzichtbar ist.

Fazit

Christian Burtchen - Portraitvon Christian Burtchen
Nachfolger wie Homeworld 3 wünsche ich mir für alle Echtzeitstrategie-Serien!

Es gilt gemeinhin als gefährlich, im Weltraum den Helm abzunehmen – aber vor Homeworld 3 ist der Hut zu ziehen. Blackbird Interactive zeigt eindrucksvoll, dass Echtzeit-Strategie auch im Jahre 2024 noch gut funktioniert.

Mag die Kampagne spielerisch selbst nicht auf dem allerhöchsten Niveau sein – zu lange reicht einfach „Einheiten markieren und auf Gegner rechtsklicken“ – so erzählt sie doch eine großartige Geschichte und bringt alle Spielprinzipien nahe. In den Auseinandersetzungen im Gefechtsmodus oder den „Kriegsspielen“ dreht Homeworld 3 richtig auf und brilliert mit einem motivierenden, wohldurchdachten Prinzip.

>> Die 10 besten Strategie-Spiele für Konsole <<

Weitere Fraktionen hätte ich mir zwar gerne von Anfang und nicht erst durch kostenpflichtigen DLC gewünscht. Aber dennoch: Für Fans der Vorgänger geht ohnehin kein Hyperraum-Weg am dritten Teil vorbei, und auch wer nur mittelbar etwas mit Echtzeitstrategie anfangen kann, wird hier zufrieden. Ein Glücksfall für die PC-Strategie!

Überblick

Pro

  • großartiges Weltraum-Gefühl
  • mächtiges, wohlüberlegtes Interface
  • packende Geschichte
  • grafisch beeindruckend
  • taktische Tiefe
  • viele Spielmodi

Contra

  • Kampagne spielerisch nicht auf allerhöchstem Niveau
  • keine deutsche Sprachausgabe
  • neue Fraktionen per kostenpflichtigem DLC

Awards

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