Länderauswahl:
Du wurdest von unserer Mobile-Seite hierher weitergeleitet.

Test - Islands of Insight : Test: 10.000 Rätsel in einer Online-Open-World – bitte was?!

  • PC
Von  |  |  | Kommentieren

Eine transzendente, wunderschöne und in Farben getränkte Welt, durch die unser Hauptcharakter in Ego- oder Third-Person-Perspektive eilt und jede Menge Rätsel löst, sowie en passant mehr über die mystische Hintergrundgeschichte herausfindet: Islands of Insight ist bei oberflächlicher Betrachtung dem kürzlich erschienenen The Talos Principle 2 (Test) zum Verwechseln ähnlich. Doch wer gerne das Oberstübchen anstrengt, weiß: Ein zweiter Blick lohnt, um den Ersteindruck zu hinterfragen – und dabei zeigt sich, dass Islands of Insight doch ein anderer Typus Rätselspiel ist.

Nach der freien Erstellung unserer Figur machen wir uns sogleich auf in die Welt, die mit einem kleinen Tutorial und Simpel-Rätseln beginnt und sich dann stückweise erweitert und die Puzzles in Anzahl, Vielfalt und Schwierigkeit steigert. Dabei gibt es auch formal eine Hintergrundgeschichte um ein wiedererwachende Welt und mythische Wesen, die sich über Wiedergeburten, Tode und Sinnhaftigkeiten unterhalten.

Nach und nach erschließen wir diese aus kleinen Textfetzen und können so bei Bedarf die Historie dieser Welt nachvollziehen. Können, müssen wir aber nicht, denn die gesamte – unvertonte – Geschichte spielt sehr offensichtlich keine der ersten zehn Geigen, selbst der Pressetext erwähnt nur kurz, dass wir als Suchende („Seeker“) unterwegs sind. Wer wirklich ausgefüllte Hintergrundgeschichte mag, den mag diese bestenfalls pflichtgemäße Lore etwas enttäuschen.

Wer jedoch gerade in Rätselspielen für gewöhnlich das ganze narrative Drumherum für nerviges und nur mit viel gutem Willen als schlüssig darstellbares Füllmaterial zwischen den eigentlichen Aufgaben befindet, wird die Kurz-und-Knapp-Wegklickbar-Schnipsel eher freuen. Lange Dialoge, zu lernende Charaktere und ihre Motive, all das sparen sich die Inseln der Erkenntnis.

Das also war des Pudels Kern!

Stattdessen serviert Islands of Insight direkt nach dem WASD-Tutorialabschnitt Rätsel, Rätsel, Rätsel. Von über 10.000 ist im Werbematerial die Rede, aufgeteilt auf knapp 50 verschiedene Arten. Auf dem Weg zu einem Schieberätsel laufen wir durch ein unsichtbares Tor, erwischen nebenbei genau die richtige Perspektive für ein Puzzle, in dem wir in einer Ringanordnung nur durch bestimmte Ringe sehen sollen und hasten dann noch einem „wandernden Echo“ hinterher. Islands of Insight ist das spielgewordene Vier-Wochen-ohne-Internet-am-Strand-Rätselheft, in der so ziemlich jede mögliche Enigmenvariante ihr Zuhause gefunden hat.

In etlichen der Rätsel-Typen besteht die Möglichkeit, Hinweise zu holen, wenn gerade auf den höheren Schwierigkeiten der Eurozehnt nicht mal centweise fallen möchte, inklusive einer netten Cooldown-Mechanik, um dem Reiz der Ungeduld nicht zu sehr zu erliegen.

Nahezu alle Puzzles sind dabei kurz (und unterschiedlich knifflig), je nach Region werden sie zu Questreihen der Marke „6 hiervon, 3 davon, 4 davon“ verbunden, selbstverständlich inklusive jeder Menge Bonusaufgaben. Hier kommt der zweite große Unterschied zu The Talos Principle: Snacks statt großer Portionen. Wenn sich bei einer Aufgabe die Synapsen nicht gerade hoffnungslos verknotet haben, ist sie meist innerhalb von einer bis drei Minuten gelöst, einige auch in Sekundenschnelle. Die großen Ketten eines The Talos Principle 2, bei denen man förmlich den Lüfter im Gehirn anspringen hören konnte, weil jetzt dieser Transformator mit diesem Spiegel und diesem Sprung-Element, aber dann gleichzeitig … ach nein … oder wenn jetzt … oh, so könnte es gehen …, die bleiben aus.

Das hat Vor- und Nachteile und bleibt letztlich sicherlich Geschmacksfrage. Ein Vorteil der Islands-Methode ist, dass die wenigen Hier-komm-ich-nicht-weiter-Momente überhaupt nicht betrüben müssen, weil es ja zwanzig Pixel weiter links schon etwas Neues zu tun gibt. Fortschritt ist immer in Lauf- oder Gleitnähe und wird vom Spiel auch belohnt. Nachteilig ist, dass die ganz große Endorphin-Entladung eines Talos-Prinzips für viele der Rätsel verwehrt bleibt, weil kleine Match-3-Tricks oder ein eher versehentliches Aufstöbern versteckter Gegenstände das Belohnungszentrum doch nicht so großzügig werden lassen.

Und: Einige der Rätsel-Typen hätte es nicht gebraucht. Klar, bei mehren Dutzend Varianten wird niemand alles mögen, aber fummelige Suchbild-Abfragen und ganz, ganz besonders die Action-Einlagen, einem „wandernden Echo“ – einer schwebenden Sphäre – hinterherzujetten, stören eher. Zum einen beißt es sich mit der meditativen Stimmung des gesamten Werks, zum anderen sind die Zeitvorgaben für die Steuerung gerade mit Sprung- und Flugeinlagen zu knapp bemessen.

Du gleichst dem Geist, den Du begreifst

Für jedes Rätsel belohnt einen Islands of Insight mit „Funken“ und protokolliert für den jeweiligen Typ die „Meisterschaft“. Die gesammelten Funken lassen sich dann in neue Fähigkeiten umwandeln, etwa schnelleres Gleiten, Boni fürs schnelle Lösen bestimmter Rätselarten oder subtile Hinweise in 3D-Perspektivaufgaben, wobei das Level unserer Figur hier zusätzlich Aufstiegsmöglichkeiten lenkt und begrenzt.

Damit hat Islands of Insight viele Voraussetzungen für ein gelungenes Rätsel-Sammelsurium mit motivierenden Progressionselementen – aber gleichzeitig erinnert es auch ein wenig an Free-2-Play-Rätsel-Smartphone-Apps, die über möglichst viele kleine Belohnungen und virtuelle Möhren permanent antreiben. Auch die täglich aktualisierten Spezial-Quests, zum Beispiel acht Rätsel auf Fliesen oder fünfzehn Versteckspiele zu lösen, lassen die Augenbraue etwas nervös zucken.

Um es klarzustellen: Die versprochenen zehntausend Problemstellungen in allen Typen und der gesamten Spielwelt werden mit dem Kauf sofort erworben und verfallen auch nicht. Nur eignet sich das Produkt vom Aufbau eben gut für ein Service-Game, weswegen wir beim Entwickler Behaviour nachgefragt haben, ob derartige Monetarisierungen künftig geplant sind, die Antwort lässt derartige Pläne zumindest vermuten: „Wir haben diese Welt so aufgebaut, dass sie noch viel Platz zum Wachsen hat. Es gibt unzählige Möglichkeiten für neue Rätseltypen und Variationen bestehender Rätsel, neue Interaktionen, Gebiete und Enklaven und sogar neue Biome, die es zu erkunden gilt. Abhängig von der Resonanz und dem Feedback der Spieler werden wir festlegen, wohin die Reise gehen wird“.

Ebenfalls wichtig zum Beispiel für jene, die am Strand oder im Zug rätseln wollen: Islands of Insights erforderte beim Test einen Online-Zugang und die Spielwelt bevölkerte sich dabei auch zwangsweise mit anderen Figuren, zum Testzeitraum weit genug verstreut, um in Ruhe zu rätseln. Formal bietet das Interface jedoch Möglichkeiten zur sozialen Interaktion und auch eine kleine Bibliothek an Emotes, um die Umwelt zu begrüßen. Sollten im Spielverlauf Rätsel-Rowdys das Erlebnis vermiesen, lassen sich diese natürlich blocken – ob ein echter Offline-Modus zumindest geplant ist, haben wir ebenfalls angefragt – nein, dafür gäbe es keine Pläne.

Verweile doch, du bist so schön!

Bereits The Talos Principle 2 überzeugte mit seinen tollen, weitläufigen Landschaften, mit Monumentalbauten und schicken Effekten. Dem stehen die Islands of Insight in Nichts nach, die Unreal Engine spielt die gesamte Klaviatur an Licht- und Lichtbrechungseffekten durch, zusammen mit dem standardmäßig aktivierten Upscaling wird daraus eine wahre Wonne mit Screenshot-Tasten-Stakkato. Diese Schönheit hat allerdings ihren Preis in recht ordentlichen Hardware-Anforderungen.

Rätsel so weit das Auge reicht - Pirmins Meinung zu Islands of Insight

Über 10.000 Rätsel warten in der Open World von Islands of Insight auf euch. Von Farbmustern über Flugparcours bis zu Perspektiv-Puzzles ist alles dabei. Pirmin hat sich den Kopf zerbrochen und wird euch mehr über diesen interessanten Titel erzählen.

Die titelgebenden Inseln schweben dabei in der Luft, was den sphärischen und jenseitigen Charakter der Spielwelt weiter betont, untermalt von unaufdringlicher Musik und passenden Soundeffekten. Gerade die enorme Weitsicht beim Gleiten oder auch nur die phantastischen Horizonte laden auch jenseits des Puzzle-Erlebnisses einfach zum Verweilen ein.

>> Portal, Talos Principle & Co.: Die 11 besten Rätselspiele <<

Auch wenn es in der Spielwelt keine wirkliche Fauna und außer Rätseln eben spielerisch nicht viel zu entdecken gibt, bereitet das Durchqueren eine Freude. Kleine Details wie die Namen der jeweiligen „Enklaven“, wie freizuschaltende Gebiete mit unterschiedlichen architektonischen Schwerpunkten heißen, und clevere Wortspiele in Bezug auf die dominanten oder neuen Rätselformen, bestätigen die enorme Liebe zum Detail im Spiel.

Die riesige Insights-Spielwelt dürfte wochenlange abendliche Ausflüge rechtfertigen, um auch die letzten Levelaufstiege und „Meisterschaften“ zu ermöglichen. Nicht jede einzelne Herausforderung und auch nicht jeder Typ ist gänzlich gelungen, bei manchen wirkt trotz allen Bemühen ihre tatsächliche Integration in die Spielwelt eben genau das – bemüht. Doch in der Summe funktioniert das „Oh, da hinten ist noch ein Kubus, die Aufgabe schnapp’ ich mir“-Prinzip überwiegend brillant.

Kommentarezum Artikel