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Test - Kingdom of the Dead : Köstlich primitives Zombie-Gemetzel

  • PC
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Schnauze voll von Edelgrafik und komplexen Ego-Shooter-Spielregeln? Mal wieder richtig Bock auf simples, schnelles Ballern? Auf Zombies, Monster und Klischees? Dann ist das monochrome Ballerfest Kingdom of the Dead genau euer Ding!

Ist das Kunst oder kann das weg? Nee, Kunst ist das nicht, das weiß man schon in dem Moment, wenn der Titelbildschirm kratzige Chiptunes aus den Lautsprechern scheppert. Wegwerfen wäre trotzdem nicht angebracht, dazu bereitet dieses Spiel zu viel unverblümten Spaß. „Camp“ ist das richtige Wort, das Kingdom of the Dead passend umschreibt. Ein billig verwirklichtes und doch überaus köstliches, weil sensationell plump aufgebrezeltes Vergnügen. Texturen, die aus Bleistiftkritzeleien bestehen, Geometrie, über die das Nintendo 64 lachen würde, Musik, die wahrscheinlich auch das NES abspielen könnte.

Einzig die schummrige Beleuchtung mit ihrem starken Kontrast zwischen hell und dunkel verrät, dass hinter all der Tiefstapelei ein Konzept steckt, das eine gewisse Ästhetik sucht. Zumal es die Invertierung der Helligkeitskontraste nutzt, um Gänsehaut zu erzeugen. Horror wäre zu schmeichelhaft dafür, sofern man nicht gerade zu jenen nervenschwachen Menschen gehört, die bereits in der Geisterbahn auf einer Dorfkirmes einen Herzinfarkt bekommen. Sagen wir lieber Action mit Gruselfaktor. Ja, das haut hin.

Versteht das nicht falsch. Kingdom of the Dead ist in jeder Hinsicht billig, aber köstlich billig. Es ist ein Gedicht an den unverkennbaren Spaß eines simplen Spielkonzepts. Sozusagen ein Low-Fidelity Shooter-Ausverkauf, ein Spiel, das seine Erbärmlichkeit mit Stolz vor die Brust schnallt und mit fester Stimme „Hier bin ich!“ sagt, vor frecher Unverschämtheit nur so grinsend. Und genau deswegen findet man Gefallen daran. Es gaukelt niemandem Komplexität oder eine andere Form von Tiefgang vor und verkörpert damit Arcade-Fun in Reinkultur.

Ballern ohne Reue

Kingdom of the Dead erinnert in manchen seiner Nuancen sogar an Doom Eternal. Schnell, unkompliziert, manchmal ein wenig meschugge, dirigiert es euch durch eine Zombie-Welt, die allein ihrer Geschwindigkeit wegen in einen Rausch versetzen kann. Der Bleistift-Krakelstil spielt insofern gar keine große Rolle, weil man viel zu schnell von einem Schauplatz zum nächsten eilt, als dass man sich lange an einer Szenerie sattsehen könnte.

Im Gegensatz zum pazifistisch motivierten Adventure Mundaun, das wir vor nicht all zu langer Zeit für seinen sehr ähnlichen Grafikstil lobten, portraitiert dieser Shooter nichts. Er fängt nicht die Stimmung eines bestimmten Ortes ein und will auch nicht künstlerisch wirken. Dazu sind alle Oberflächen viel zu detailarm und gleichförmig über ihre Modelle verteilt. Es will einfach nur auf die simpelste Art unterhalten und wählt dafür einen frechen, unverhohlen einfachen Stil.

Diese Zusammenfassung lässt sich wunderbar auf den Spieleinhalt übertragen. Regeln? Gibt es keine erwähnenswerten abseits von „überlebe“ und „Baller den Obermotz über den Haufen, um das Level zu beenden“. So schnörkellos wie dieses wirft euch heutzutage jedenfalls kaum ein Spiel in eine virtuelle Welt. Eure quasi körperlose First-Person-Hauptfigur namens Agent Chamberlain startet in einem Büro, auf dessen Schreibtisch eine von neun nacheinander freigeschalteten Spielstufen in Form von Aktenordnern zur Wahl steht. Ihr klickt eine Akte an, wählt einen von drei Schwierigkeitsgraden und ab geht die Post. Wenn euch Informationen über das Setting erreichen, dann nur ein paar magere Sätze, die euer sprechendes Dämonenkiller-Schwert zum Besten gibt.

Was euch erwartet, ist ein herrlich einfach gestricktes Zombiegemetzel ohne strategischen Ansatz oder sonstige tiefere Spielebene. Ihr lauft durch Umgebungen mit blumigen Namen wie „Der Zug“ oder „Das Schiff“ und haut einfach um, was euch vor die Flinte kommt. Oder vor die Minigun. Oder die Bazooka. Solange es kein bibbernder Zivilist ist, dürft ihr alles, was sich bewegt, in die ewigen Jagdgründe befördern.

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Das mit den Zivilisten ist allerdings so eine Sache. Man könnte meinen, ein großes rotes Verbotsschild über dem Kopf sei Hinweis genug, sie in Ruhe zu lassen. Aber Pustekuchen. Nachts sind alle Katzen grau, vor allem wenn die Grafik aus Bleistiftkritzeleien besteht, die das Auseinanderhalten von schlaksigen, kaum ordentlich animierten Spielfiguren arg erschwert. Zombies, zyklopische Monster, Skelett-Mönche und weitere Dämonen tauchen so unverhofft vor eurer Nase auf, dass jene wenigen Zivilisten, die auf Rettung warten, ganz schnell mit ins Gras beißen, weil man schlicht zu flink am Abzug zieht. Natürlich ist das Teil des Designs. Ihr lauft schnell, ihr ballert schnell und ihr baut schnell Bockmist. Das zeckt am Stolz, sodass man sich gewillt sieht, ein Level noch einmal durchzugehen. Warum auch nicht, dauert ja höchstens eine Viertelstunde inklusive Bosskampf und Levelplünderung.

Augen zu und durch

Letzteres ist zwar optional, damit sich Speedrunner beweisen können, aber beim ersten Durchlauf solltet ihr keinesfalls darauf verzichten. Nur so findet ihr versteckte Karten, die neue Level aufdecken wie auch Herzcontainer, die eure Lebenskraft aufstocken. Ein nicht zu unterschätzender Faktor, sofern ihr das Spiel nicht am Stück durchspielt, denn gespeichert wird nur, welche Level komplett bewältigt sind. Herzcontainer behaltet ihr derweil nur so lange, wie ihr aktiv an einem Stück spielt. Beendet ihr das Spiel und ladet den Spielstand irgendwann neu, schrumpft die Lebenskraft wieder auf drei Herzen herunter.

Waffen und Holzkisten, die meist Munition beinhalten, liegen derweil stets auf dem Hauptpfad, der schnurstracks zum Obermotz führt. Da ihr beim Start jedes Levels immer nur das sprechende Schwert und einen Revolver dabeihabt, dienen diese Waffen-Pickups zusätzlich als roter Faden – obwohl das angesichts des permanent angezeigten Ziel-Markers nicht zwingend notwendig wäre. Der Grund dafür ist einfach. Ihr sollt keine der Waffen verpassen, denn während die einfacheren Zombies abhängig vom Schwierigkeitsgrad nach ein oder zwei Kopfschüssen das Zeitliche segnen, reißen euch ein paar der von Doom inspirierten Dämonen ruckzuck den Allerwertesten auf, wenn ihr ihre Schwachstelle verfehlt – vornehmlich ihr Zyklopen-Auge.

Kingdom of the Dead - Trailer

In dem ungewöhnlichen Indie-Shooter zieht ihr in einzigartiger Schwarz-weiß-Optik als Cowboy gegen Untote in den Kampf.

Bosse kennen ebenfalls keinen Spaß und lassen sich schamlos als Kugelschwämme klassifizieren. Eine einzige Berührung mit ihnen schickt euch sofort ins Jenseits, egal gegen wen ihr antretet. Riesige Würmer, eine monströse Fledermaus, King Kongs kleiner Bruder auf einem Hochhaus oder eine Schlange, die sich um Zugwaggons in einem alten Bahnhof windet. Ihr müsst genau wissen, was ihr tut und bis an die Zähne bewaffnet sein. Zum Glück helfen Zwischenspeicher-Checkpoints, den Frust zu minimieren, sonst würdet ihr bei den Bossen ab und an den Kopf gegen die Tischplatte schmettern, obwohl sie prinzipiell gar nicht so komplexe Angriffsmuster kennen.

Nebenbei: Kingdom of the Dead unterstützt zwar das 21:9-Format anhand der wählbaren Auflösung, setzt es aber falsch um, da das Kamera-Canvas nicht auf die korrekte Bildschirmbreite gestreckt wird. Stattdessen zoomt das 16:9-Bildformat so weit rein, dass der obere und untere Teil des Bildschirms über den Rand hinausgehen. Das wäre spielerisch gar nicht mal wild, wenn dadurch nicht auch die Anzeige für Lebenskraft und Munition verschwänden. Hoffentlich erscheint noch ein Update zum Ausbügeln dieses Fehlers.

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