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Preview - OWO Haptic Gaming System : Ausprobiert: Mit dieser Weste spürt ihr jeden Treffer am eigenen Körper

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Gaming war stets ein vornehmlich audiovisuelles Erlebnis, denn fühlen durfte man bislang höchstens das Rütteln des Controllers. Rumble und haptisches Controller-Feedback sind aber nur für Handballen und Fingerspitzen gedacht. Sie können nur sehr begrenzt weitergeben, was im Spiel passiert. Wenn es nach der Firma OWO geht, dann könnte sich das schon bald ändern, denn deren haptische Weste soll den ganzen Oberkörper mit buchstäblich einschlagenden Eindrücken versorgen. Wir durften das OWO Haptic Gaming System auf der Gamescom ausprobieren.

Ein bisschen mulmig war mir ja schon zumute, als ich hörte, wie diese Gaming-Weste funktioniert. Stromstöße? Im Ernst jetzt? Das klingt alles andere als vergnüglich, und die Präsentatoren hatten offensichtlich Spaß daran, mich zunächst unaufgeklärt zu lassen. Kann ich verstehen, da kommt schließlich so ein Einmeterneunzig-Kerl an und wird plötzlich kreidebleich, noch bevor er überhaupt die Weste angelegt hat. Nach der Präsentation wurde bestimmt hinter vorgehaltener Hand darüber gekichert. Es sei ihnen gegönnt. Ehrlich gesagt lache ich selbst im Nachhinein darüber.

Aber mal ehrlich: Eine Weste, die einen glatten Durchschuss fühlbar machen soll und dafür mit Stromstößen arbeitet, klingt in der Theorie erst einmal schmerzhaft. Die Anmerkung, dass Schwangere, Träger eines Metall-Implantats und vor allem eines Herzschrittmachers von der Verwendung Abstand nehmen sollten, macht es für Unwissende nicht besser. Aber ich kann Entwarnung geben: Schmerzen spürt man nicht.

Gewöhnungsbedürftig ist höchstens das erste Anlegen, denn die Weste samt ihrer kalten Gel-Pads muss eng auf der nackten Haut sitzen. Also: Hemd ablegen und rein in das Ding. Ich kam mir mit meinen Speckröllchen ein wenig vor wie eine Presswurst. Ästhetik ist definitiv zweitrangig. Aber ich wollte ja nicht auf eine Modenschau gehen, sondern virtuelle Kugeln spüren, also Augen zu und durch.

Vom Wattebällchen bis zum Durchschuss

Ich sag es mal geradeheraus: Die Eindrücke sind mitunter heftig, aber so ein simulierter Durchschuss fühlte sich eher an, als ob jemand eine Sammlung Radiergummis auf mich werfen würde. Ein unverkennbarer Druck entsteht, aber kein echter Schmerz.

Noch dazu lässt sich die Intensität der Eindrücke mithilfe einer begleitenden App in feinfühlig gestaffelten Stufen einstellen. Die sind sogar so fein, dass ich auf den untersten sechs Stufen überhaupt nichts mitbekam. Der Präsentator, der mir zugeteilt wurde, fummelte an der Kalibrierungs- App herum, während ich mit dem Einschlag von Thors Blitzen rechnete. Aber nein, ab Stufe 6 kitzelte es ein wenig. Hihi, fühlt sich an, wie mit winzigen Wattebällchen beworfen zu werden. Er steigerte die Einstellung, bis ich mich für den Einstieg auf Level 10 (von 33) einließ.

Daraufhin ging es ans Eingemachte: Ich durfte Drone Wars spielen, ein VR-Game, bei dem ich mithilfe von Meta Quest 2 voll in ein dreidimensionales Schlachtfeld eintauchen durfte.

Während ich mit einer Pistole angriffslustige Drohnen vom Himmel ballerte und mich zugleich mit einem tragbaren Schild vor deren Kugelhagel in Deckung brachte, prasselten diverse Eindrücke auf mich ein, die mich in der ersten Spielrunde ein wenig überforderten. Ich war nicht in der Lage, sie alle zuzuordnen. Auf den insgesamt zehn Trefferzonen für Arme, Brust, Bauch und Rücken kamen mehrere Einschläge gleichzeitig oder nur minimal zeitversetzt an - eine Sensation, die mein Hirn während meiner hochkonzentrierten Phase des Ballerns erst einmal nicht auseinanderdividieren konnte.

Schon im zweiten Anlauf gelang das viel besser, weil mir endlich klar wurde, was mir die Weste vermittelt wollte. Es waren ja nicht nur die Treffer gegnerischer Kugeln, die mir die Weste an Brust, Bauch und Rücken weitergab. Auch die Explosionen der Drohnen, die in Druckwellen resultierten, erreichten meinen Körper.

Noch steigerungsfähig

In dieser Hinsicht ist OWOs Haptic Gaming System meiner Meinung nach noch nicht ausgereift genug, um eine echte Unterscheidung zuzulassen. Ein breiter Einschlag wie eine Druckwelle fühlt sich nämlich eher an wie eine Schuss-Salve, die zeitgleich einprasselt. Es wird also keine echte Flächendeckung erreicht. Von der haptischen Erfahrung, wie sie der Held im Film Ready Player One erlebt, sind wir somit noch weit entfernt.

Ich fühlte mich eher an eine (weitaus angenehmer angesteuerte) Version eines EMS-Trainings erinnert. Dennoch öffnet das Feedback eine ganz neue Spielebene, die nicht nur die Immersion erhöht. Sie könnte sogar Heads-up-Displays zukünftig unnötig machen, weil permanentes Feedback möglich ist. Etwa Blutungen oder das Steckenbleiben eines Messers (sogar mit Drehung im Körper).

Ich durfte nach der Drone-Wars-Sitzung mehrere einzeln angesteuerte Impressionen ausprobieren, für die ich die Intensität ein wenig hochschrauben ließ. Beispielweise Insektenstiche oder einen querlaufenden Schnitt mit einem Messer. Je höher die Intensität eingestellt war, desto mehr unterschieden sich die Variationen. Sie als echte Eindrücke zu bezeichnen, wäre trotzdem zu viel des Guten.

Es sind interessante Interpretationen, auf die man sich einlassen kann – so wie man sich auf grafische Interpretationen in Spielen einlässt, ohne sie als völlig realistisch einzustufen. Für die ersten kommerziell vertretbaren Gehversuche in diese Richtung bringt OWOs Weste jedenfalls schon eine erstaunliche Leistung auf die Waage. Zumal sie für mehr taugt als nur VR-Erlebnisse. Auch auf dem PC und auf Konsolen soll sie ihren Dienst verrichten, denn gesteuert wird die Weste letztendlich durch ein kleines Gerät, das per Bluetooth angesprochen wird.

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Schon jetzt funktioniert das High-Tech-Kleidungsstück mit Spielen wie etwa Halo Infinite, CS Go, Rocket League, Beat Saber, Half-Life: Alyx, Superhot und mehr. Eine Kooperation mit Ubisoft zum kommenden Assassin’s Creed: Mirage ist ebenfalls schon angekündigt. Sofern wir die Chance bekommen (sprich: sobald wir ein Testmuster bekommen), werden wir das Spielerlebnis für euch auf Herz und Nieren testen. Sofern ihr daran interessiert seid, könnt ihr OWOs Haptic Gaming System schon jetzt auf deren Webseite bestellen. 499 Euro kostet der Spaß und ist derzeit mit drei Monaten Wartezeit verbunden.

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