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Test - Persona 5 Royal : Das beste J-RPG ist jetzt noch besser

  • PS4
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Als Persona 5 im Jahr 2017 erschien, wurde es mit Lob und Bestwertungen überschüttet. Bei vielen Spielern gilt es als eines der besten JRPGs dieser Generation. Jetzt erscheint mit Persona 5 Royal eine erweiterte Version. Doch lohnt sich dadurch auch für Spieler des Originals ein erneutes Durchspielen?

Von Persona 5 geht eine ganz eigene und dennoch schwer nachzuvollziehende Faszination aus. Es verfügt über liebenswerte Charaktere, eine interessante Welt und eine Dramaturgie, die den Spieler irgendwann unweigerlich in ihren Bann zieht. Allerdings: Es ist auch verdammt lange. Bereits das Original umfasste 80 Stunden Minimum an Spielzeit. Für die erweiterte Version solltet ihr noch mehr Zeit einplanen. Dennoch übt Persona 5 Royal einen unwiderstehlichen Sog aus – selbst auf mich, der schon über 120 Stunden mit dem Original verbracht hat. Um diese Faszination zu verstehen, müsst ihr euch auf das Spiel einlassen und seine Eigenarten akzeptieren.

Persona 5 fährt einen irren Genre-Mix auf, der auf dem Papier zunächst viel merkwürdiger klingt, als es sich beim Spielen herausstellt. Zur einen Hälfte besteht er aus einer Art Alltagssimulation eines High-School-Schülers. Zur anderen Hälfte erhaltet ihr einen Dungeon Crawler, der ganz grob an eine erwachsene Version von Pokémon erinnert. Doch dazwischen passiert so viel mehr, und der Spieler darf entscheiden, worauf er den Fokus legt. Um Persona 5 und seine Eigenheiten, durchaus auch Absonderlichkeiten, zu verstehen, müssen wir von Anfang an beginnen.

Der namenlose Protagonist, der später den Decknamen Joker erhalten wird, kommt in eine neue Stadt und Schule. Dort erlebt ihr fortan seinen Alltag mit allem, was man als High-School-Schüler eben so tut: lernen, arbeiten, Freunde finden, eine Pflanze für die Dachgeschosswohnung oder neue Videospiele kaufen. Und mittels einer mysteriösen Navigationsapp auf dem Handy in das Unterbewusstsein von gestörten Persönlichkeiten eintauchen. Das Übliche halt.

Jeder Monat beziehungsweise jedes Kapitel besteht im Grunde aus drei Phasen: dem Alltag an der High-School und in der Freizeit, der Deadline für die Aufgabe und schließlich dem eigentlichen Abenteuer im Dungeon. In jedem Monat habt ihr es mit einem anderen Bösewicht zu tun, ganz in der Tradition des „Monster of the Week“. Bis sich daraus ein erzählerischer roter Faden spinnt und sich der wahre Antagonist zu erkennen gibt, der im Hintergrund die Strippen zieht, vergehen viele, viele Spielstunden.

Das kann bei Serienneulingen anfangs stark an der Motivation zerren, zumal das Spiel außerordentlich schwafelig auftritt, viele Zusammenhänge im Unklaren lässt und lange Zeit ein übergeordnetes Ziel vorenthält. Das Gefühl, in einer Routine gefangen zu sein, die sich jeden Tag wiederholt, bestimmt die ersten Stunden von Persona. Doch wenn die Geschichte dann so richtig zuschlägt, geschieht das mit einer Wucht, die schlagartig die raffinierte Methodik dahinter erkennen lässt: wie eine Spinne webt die Geschichte aus ihren Handlungsfäden klammheimlich ein Netz, in dem man schon längst gefangen ist, ohne es bemerkt zu haben.

Im Verlauf der Handlung werden Joker und seine Freunde, die „Phantomdiebe“, mit immer neuen, besonders verdorbenen Personen konfrontiert: der sadistische Sportlehrer, der seine Schüler misshandelt, ein krimineller Künstler, der seine Werke fälscht, schließlich sogar ein Yakuza-Boss. Persona 5 macht keine halben Sachen. Sobald ihr die Person identifiziert habt, beginnt die nächste Phase: das „Herz“ dieser Person klauen. Dieses Herz ist ein Schatz, der sich im „Palast“ der jeweiligen Person befindet, gewissermaßen eine Versinnbildlichung ihres Unterbewusstseins, der Rollenspiel-Dungeon, in den die Phantomdiebe eindringen müssen, um am Ende den Schatz zu entwenden und dadurch die Psyche von allen bösen Einflüssen befreien, damit er zum Guten bekehrt wird.

Es ist genau dieses Wechselspiel aus Alltagserleben, den vielschichtigen Charakteren und dem klassischen Rollenspiel-Abenteuer, das den Spieler so tief in die Welt von Persona 5 zieht. Der Spieler verbringt die Tage mit seinen Freunden, vertieft die Beziehungen zu ihnen, geht verschiedenen Freizeitaktivitäten nach, um seine Charakterwerte zu verbessern, und fährt schließlich mit der Geschichte fort, wenn die Zeit dafür reif ist. Bis dahin muss er ewig scheinende Textwüsten und Dialoge über sich ergehen lassen.

Auch wenn Persona 5 über eine der interessantesten Videospielgeschichten der letzten Jahre verfügt, so erzählt es diese auf eine sehr eigenwillige Art und Weise. Ein Großteil der Dialoge bringt die Handlung nicht voran, sondern zeichnet lediglich ein Stimmungsbild der Situation, gewährt Einblicke in das Innenleben der zahlreichen Nebenfiguren oder erschöpft sich in Wiederholung des bereits Gesagten. Das passiert oft. Sehr oft. Jeden Tag. Bis zum Ende des Monats.

Es braucht lange bis die Geschichte von Persona 5 in Fahrt kommt. Für die ersten 40 Stunden wirkt es, als reihten sich die einzelnen Kapitel lediglich zusammenhangslos aneinander. Doch sobald sich ihr roter Faden offenbart, wird sie euch packen. Versprochen! Das gilt zumindest für Neueinsteiger. Für diejenigen, die Persona 5 bereits gespielt haben, dauert es weitaus länger, bis sie neue Story-Inhalte zu sehen bekommen, die nicht im Hauptspiel vorhanden waren und länger als eine Dialogsequenz dauern. Währenddessen verbringt ihr die Tage mit Aktivitäten, um euren Charakter bestmöglich zu entwickeln.

Der Alltag bildet einen wichtigen Bestandteil von Persona 5. Auch wenn euch viele Möglichkeiten angeboten werden, etwas in der Spielwelt zu unternehmen, so erreicht dieser Part nicht die Relevanz oder Tiefe wie zum Beispiel in einem Animal Crossing. In Persona 5 reicht die Bandbreite der alltäglichen Aktivitäten von interessanten Beschäftigungen bis hin zu Möglichkeiten, um lediglich Erfahrungspunkte für bestimmte Werte zu sammeln.

Auch wenn die Spielwelt sehr authentisch wirkt, weil sie stark an das reale Tokio angelehnt ist, bilden die einzelnen Orte lediglich vereinzelte, kleine Ausschnitte einer Stadt, die man in ihrer Gänze nie zu Gesicht bekommt. Im Gegensatz zu der Yakuza-Reihe, die sich ebenfalls Tokio zum Schauplatz nimmt, handelt es sich bei Persona 5 um kein Open-World-Spiel, sondern um ein typisches RPG mit einer fragmentierten Oberwelt.

Let's execute them!

So bedeutend das Alltagsleben für die Spielerfahrung ausfällt, das eigentliche Herzstück von Persona 5 bilden die Rollenspiel-Dungeons, die sogenannten Paläste: Manifestationen des Unterbewusstseins verdorbener Persönlichkeiten. Diese nehmen je nach Antagonist unterschiedlichste und meist sehr einfallsreiche Formen an: mal die eines Königsschlosses, mal eines Museums oder auch eines Casinos. Auch wenn sie auf den ersten Blick den Eindruck von Offenheit erwecken, verlaufen sie doch weitgehend einen linearen Korridor entlang.

In den Palästen fährt Personal 5 in der Royal-Version dann endlich seine erste kleine Neuerung auf, wenngleich diese so marginal ausfällt, dass sie kaum der Erwähnung wert ist. Euch steht nun nämlich ein Enterhaken zur Verfügung, mit dem ihr an vordefinierten Stellen an neue Sammelobjekte gelangt. Eine größere Freiheit in der Bewegung und Erkundung bringt er aber nicht mit sich.

Wie bereits erwähnt wirkt Persona 5 in mancherlei Hinsicht wie eine erwachsene Version von Pokémon. Innerhalb der Paläste trefft ihr an jeder Ecke auf zahlreiche unterschiedliche Monster, die äußerst kreativ und abwechslungsreich gestaltet sind. Zwar könnt ihr sie im Kampf besiegen, schlauer ist es aber, sie zu schwächen und dann ... zu überreden, sich euch anzuschließen. Persona bringt dadurch eine längst überfällige Innovation in das Genre der „Monsterfang“-Spiele, das seit mehr als 20 Jahren von Pokémon geprägt und dort stets spielerisch simpel gehalten wurde. Neben den taktischen Kämpfen, die den Spieler mit zusätzlichen Zügen belohnen, wenn er die Schwachstellen der Gegner ausnutzt, bringen die Dialoge mit den Gegnern viel mehr Tiefe und vor allem Charme in diese Begegnungen.

Ein großer Unterschied zwischen Pokémon und Persona 5 besteht darin, wie ihr die gefangenen Monster weiterentwickelt. In Pokémon fangt und trainiert ihr sie. In Persona 5 fangt und fusioniert ihr sie, um dadurch stärkere Wesen zu erschaffen. Das geschieht, indem sie hingerichtet werden. Auch in dieser Hinsicht macht Persona 5 keine halben Sachen. Personas werden enthauptet, in Isolationshaft gesteckt oder landen auf dem elektrischen Stuhl.

Zwar verfügt das Spiel über die geradezu ausufernd stattliche Zahl von über 200 verschiedenen Personas. Allerdings darf ausschließlich der Protagonist unterschiedliche Personas in den Kampf mitnehmen. Die restlichen Partymitglieder verfügen jeweils nur über eine einzige Persona fürs gesamte Spiel, was die Charaktere in ihren Möglichkeiten im Kampf stark reduziert. Deswegen laufen die Kämpfe sehr oft gleich ab.

It is so ... smooth.

Persona 5 ist pures Art-Design. Jede Bewegung, jeder Angriff, ja, sogar (und erst recht) jedes Menü wird in einer so dermaßen stylischen Animation präsentiert, dass der Anblick des Spiels zu jedem Zeitpunkt eine Wonne ist. Ganz besonders der Übergang vom Kampf zurück in den Dungeon wird mit einer derartigen Coolness inszeniert, dass er selbst dann noch mitreißt, wenn er nach dem hundertsten Mal eigentlich schon längst auf die Nerven gehen müsste. Doch auch wenn der Anime-Look von Persona 5 stilistisch über jeden Zweifel erhaben ist, wirkt die Grafik in rein technischer Hinsicht wie aus der letzten Konsolengeneration. Auch die Royal-Neuauflage ändert daran nichts, sondern lässt das Original komplett unangetastet.

Der Sound steht dem brillanten Art-Design in keiner Weise nach. Persona 5 verfügt über einen verdammt guten Soundtrack und weiß ihn einzusetzen. Dieser reicht von verträumt-melancholischen, quirlig-jazzigen Klängen bis hin zu – natürlich – reiner Coolness. Viele Situationen und Orte verfügen über ihre eigene musikalische Untermalung, doch vor allem die emotional intensiveren Momente sind durchtränkt mit Melodien, die einem auch nach dem Spielen noch lange im Gedächtnis bleiben.

Allenfalls das immer gleiche Musikstück während der Kämpfe nutzt sich nach unzähligen Stunden stark ab. Persona 5 Royal fährt immerhin ein weiteres Theme für die Kämpfe auf, das sich mit dem anderen abwechselt. Das ist zwar nicht viel, bringt aber dennoch eine willkommene Abwechslung mit sich.

What is so royal about it?

Updates sind für die Persona-Reihe nichts Neues. Schon die Vorgänger erhielten mit Persona 4 Golden und Persona 3 FES jeweils eine erweiterte Version, die das Hauptspiel verbesserten und erweiterten. Das trifft auch auf Persona 5 Royal zu. Die Neuerungen umfassen allerdings nur marginal mehr Inhalt. Es kommen neue Charaktere hinzu, darunter eine weibliche Figur, die sich der Party um den Protagonisten herum anschließt. Weiterhin sind ein paar neue Orte und Zwischensequenzen dabei, darunter auch die Thieve's Den, ein neuer Raum, der über das Hauptmenü erreicht wird und selbst eingerichtet werden darf. Dort könnt ihr Figuren zur Dekoration verteilen, Videosequenzen erneut ansehen oder mit anderen Charakteren Karten spielen. Auch sind hier die spielinternen Achievements einsehbar.

Persona 5 Royal - Release Date Trailer

Die Royal-Version von Persona 5 hat mit dem 31.03.2020 nun einen konkreten Release-Termin.

Abgesehen vom neuen Intro und der zusätzlichen weiblichen Figur fallen die Neuerungen zu gering und sporadisch aus, um einen auffallenden Unterschied erkennbar zu machen. Trotz des Beinamens Royal ist Persona 5 immer noch das gleiche Spiel wie vor drei Jahren. Eine größere und spürbare Neuerung findet erst gegen Ende statt. Was im Original noch als Endsequenz im Schnelldurchlauf gezeigt wurde, nimmt in Persona 5 Royal ein weiteres komplett spielbares Semester ein, das es euch erlaubt, noch ein bisschen mehr Zeit in der Welt zu verbringen und ausgiebig von den liebgewonnenen Charakteren Abschied zu nehmen. Dafür müsst ihr aber erst durch gut 100 Stunden des nahezu exakt selben Spieles.

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