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Special - Krieg und Spiele : Militär und Videospiele

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Veteranen an der virtuellen Front

Gleichzeitig sucht aber auch die Spiele-Industrie vermehrt den Kontakt zur Regierung und zu Waffenherstellern. Das ist nicht zuletzt unsere Schuld. Jeder Spieler wünscht sich eine möglichst authentische Spielerfahrung. Eine M6 soll sich im Kampf anders anfühlen, anders klingen und anderen Schaden anrichten als eine rostige AK47. Team-Kameraden sollen sich bewegen, wie wir es aus Filmen oder vielleicht sogar aus dem Grundwehrdienst kennen.

Das Ergebnis: Unzählige ehemalige Militärs verdienen sich als Berater eine goldene Nase. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich noch an Colonel John Antal, der damals versuchte, ihm die Programmfehler des ersten Brothers in Arms als möglichst realistische Funktionen zu verkaufen. Oder an Hank Keirsey, einen ehemaligen Lieutenant Colonel und Army Ranger, der auf Presse-Events gerne den bösen Feldwebel spielte, Journalisten mit „Attention!“ durch die Gegend scheuchte oder im Handstand Liegestützen machte (Respekt dafür).

Allerdings ist gerade die US-Regierung nicht immer glücklich über diese Zusammenarbeit. So wurden beispielsweise sieben ehemalige Navy Seals schriftlich abgemahnt, weil sie Electronic Arts für Medal of Honor: Warfighter vertrauliche Informationen aus ihren Einsätzen weitergaben. Man darf sich also getrost die Frage stellen, wie nah an der Realität Videospiele überhaupt sein müssen.

Spiele in Krisenzeiten

Aktuelle Titel geben den Zeitgeist wieder, sollen dabei aber unterhalten, ohne anzuecken. Zur deutlichsten Kollision zwischen Videospielen und Realität kam es zweifellos durch die Terroranschläge des 11. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center. Unzählige Spiele mussten in der Folge dieser Geschehnisse abgeändert oder angepasst werden. Aus der 2002er-Edition des Microsoft Flight Simulators wurde das World Trade Center komplett entfernt. Auch das Schadenssystem der Flugzeuge wurde entsprechend angepasst. Grand Theft Auto III wurde verschoben, damit Rockstar noch einige Veränderungen wie die Färbung der Polizeiautos vornehmen konnte. Bei Spielen wie Syphon Filter 3 oder auch Command & Conquer: Alarmstufe Rot 2 wurden die Cover-Motive bearbeitet.

Der 11. September veränderte die Spiele-Industrie und schaffte neue Feindbilder. Wurde gerade das Shooter-Genre bis dahin von Weltkriegsabenteuern wie Medal of Honor oder auch Call of Duty dominiert, erfuhren viele Serien eine Modernisierung. Der Kampf gegen den Terror wurde über Jahre hinweg auch virtuell ausgefochten. Ganz egal, ob Call of Duty, Battlefield oder Medal of Honor – fast alle Ego-Shooter rückten plötzlich den Nahen Osten in den Fokus.

Gleichzeitig manifestierte sich die Unsicherheit und die Angst vor der Zukunft in Videospielen. Daher ist es kein Wunder, dass besonders in den vergangenen zehn Jahren vermehrte dystopische oder apokalyptische Schauplätze in den Vordergrund rückten. Zombies in Adventures oder in Ego-Shootern sind das perfekte Symbol und gelten als Sinnbild für eine unsichere, unmenschliche Zukunft und für den Niedergang einer Gesellschaft.

Videospiele sind nicht nur ein Bestandteil unserer Kultur. Sie reflektieren auch zeitnah und bildhaft den Status quo ab. Wenn man sich derzeit auf dem Globus umschaut, dann finden sich alle Motive wieder: Terror, tödliche Epidemien und Krieg. Die Welt ist ein Pulverfass. Und Videospiele und ihre Nutzer – also wir alle – hängen mit drin in dieser unschönen Suppe aus Propaganda, Kommerz und Politik. Videospiele haben ihre Unschuld längst verloren.

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