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Special - Weibliche Helden - Kolumne : Unser Problem mit Frauen

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Genau hier muss der Hebel angesetzt werden. Gebt den Videospiel-Autoren zumindest die Möglichkeit, auch mal von einer weiblichen Hauptfigur abseits des Schönheitsideals zu erzählen. Entwickler und Publisher müssen sich von der irrationalen Angst trennen, wir Spieler wären nicht reif genug, um solche Protagonisten zu akzeptieren. Höchstens als Nebenfiguren, wie beispielsweise die Prostituierten in Fable II, erleben wir Frauen abseits der Idealmaße. Als Hauptfiguren sehen wir solche Frauen nur sehr, sehr selten und das auch fast ausschließlich in kleineren Titeln oder Indie-Spielen.

Gebt uns mehr davon! Ja, liebe Entwickler, wir würden nicht nur ″hässliche″ männliche Figuren spielen, wie wir es ja schon lange tun, sondern auch ″hässliche″ Videospielfrauen, wenn es das Spiel besser macht oder dessen Welt glaubhafter. Sonst gäbe es auch nicht so viele weibliche Zwerge und Gnome in Online-Rollenspielen, die ja unübersehbar weit abseits unseres Schönheitsideals stehen.

An dieser Stelle eine kleine Anmerkung am Rande: Hässlichkeit ist – zumindest bis zu einem gewissen Grad – natürlich Definitionssache. In diesem Artikel dient der Ausdruck ausschließlich dazu, alle Figurengruppen abseits des allgemein typischen Schönheitsideals zu beschreiben, ohne sich in ellenlange, komplizierte Umschreibungen zu verstricken.

Frauen-Power

Die Branche wurde von Männern groß gemacht und die richteten sich von Anfang an primär an männliche Spieler. Inzwischen hat sich die Erde aber weitergedreht und auf der Zockerseite gibt es nun jede Menge begeisterte Spielerinnen. Die sehen sich aber nach wie vor einem extremen Ungleichgewicht auf der Entwicklerseite gegenüber. Klar, weibliche Entwickler sind keine Seltenheit mehr, aber seht euch die Abspann-Credits beim nächsten Durchspielen doch mal bewusster an und ihr werdet feststellen, dass es immer noch ein sehr extremes Ungleichgewicht in dieser Branche gibt. Zudem werden Frauen lieber in die PR- oder Marketingabteilung gesteckt, wo sie die Spiele bewerben dürfen, die die Männer in ihrer Firma gemacht haben. Um daran etwas zu ändern, braucht es aber sicherlich keinen Kerl, der sich in seiner Kolumne über den Mangel an Frauen in der Spieleentwicklung aufregt. Das werden Frauen schon selbst regeln.

Ich kann nicht sagen, ob mehr weibliche Entwickler automatisch zu variantenreicheren weiblichen Heldinnen führen würden. Einen gewissen Einfluss hätte es aber sicherlich, wenn schon bei der Konzeptionsphase mehr Frauen dabei wären. So könnte es zumindest indirekt dazu führen, dass die Videospielwelt auch diesbezüglich endlich erwachsen wird. Sollten mit so einer Entwicklung dann auch niemals mehr halbnackte Doppel-D-Volleyballerinnen in einem neuen Dead-or-Alive-Spinoff über den Sand hüpfen? Oh, bitte nicht! Ich freue mich, dass es diese Figuren gibt. Auch wenn sie meine niedersten Instinkte ansprechen und man sich zum Selbstschutz öffentlich lieber immer so verhält, als würde man solche aufreizenden Gestalten nur ″amüsant″ finden. Man will ja schließlich noch ernstgenommen werden und keine hochgezogenen Augenbrauen ernten.

Mut zur Vielfältigkeit

Es gibt aber keinen Grund, sich dafür zu schämen, dass man ein Mann ist und natürlich auf weibliche Reize reagiert – selbst, wenn sie so überzeichnet dargestellt werden. Je nach Persönlichkeit selbstverständlich mal weniger, aber auch mal mehr. Deshalb wäre es fatal, wenn die Branche plötzlich eine 180-Grad-Drehung vollführen und derartige Charakterdesigns komplett über Bord werfen würde. Das wäre der falsche Schritt. Liebe Entwickler, streicht nichts, was sich bereits etabliert hat. Ergänzt es lieber. Führt neue Figurenvarianten hinzu. Habt den Mut, ″hässliche″ Heldinnen einzuführen und nutzt diese neue Freiheit, um das Spielemedium voran zu bringen, bessere Geschichten zu erzählen und noch glaubhaftere Welten zu erschaffen.

Ich bin durchaus nicht unzufrieden mit den bisherigen Spielen und verbinde viele tolle Erlebnisse mit so manchem mitreißenden Titel. Aber wenn ich so darüber nachdenke, wie viel ungenutztes Potential noch in diesem Medium steckt, bekomme ich regelrecht feuchte Finger. Das hier angesprochene Problem mit dem Frauenbild in Videospielen ist nur eines von mehreren Problemen. Abschließend sei deshalb zumindest schon mal gesagt: Es wird Zeit, dass die Branche ihre selbst angelegten Fesseln ablegt. Traut euch mal was.

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