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Test - The Entropy Centre : Ein geniales Portal-like

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Vor über elf Jahren erschien Portal 2. Nacheiferer gab es zuhauf, wirklich das Wasser reichen konnte dem Klassiker bisher aber kein Spiel. Das britische Studio Stubby Games schickt sich an, das mit seinem Debüt The Entropy Centre zu ändern. Dank cleverer Zeitmanipulations-Mechanik, einer spannenden Geschichte und einem der charmantesten Sidekicks des Jahres geht der Plan voll auf.

The Entropy Centre beginnt mysteriös. Ihr schreitet durch den luftleeren Raum, überall fliegen Teile von Bürozellen umher. Der Albtraum eines jeden Lohnsklaven mit Ordnungsfimmel. Am Horizont zeigt sich die Erde, die Gedanken an Arbeit verschwinden und es stellen sich wohlige Gefühle an die Heimat ein. Bis es einen dumpfen Knall gibt, der blaue Planet von einer riesigen Explosion erschüttert wird und das Bild sich schwarz färbt.

Selbst nach dieser nebulösen Einführung wird The Entropy Centre nur minimal direkter in seiner Erzählung. Ohne Erinnerung erwacht ihr auf einer Raumstation, außer euch keine Menschenseele weit und breit. Schnell erschließen sich zumindest folgende Punkte: Euer Name lautet Aria Adams, ihr seid Junior-Puzzle-Agentin und arbeitet im Entropie-Center.

Puzzlen gegen den Weltuntergang

Versucht man, den Begriff „Entropie“ extrem vereinfacht zu umschreiben, trifft es „Unordnung“ noch am ehesten. Sie hilft paradoxerweise dem Universum dabei, konstant zu bleiben. Sie ändert sich innerhalb ihres eigenen Chaos idealerweise nicht und sorgt so für Gleichgewicht. Doch versucht man, an ihr herumzupfuschen, können unliebsame Nebenwirkungen auftreten, die Gefahr für Leib, Leben und sämtliche Wesen und Planeten im Universum bedeuten.

Warum ich euch all das erzähle? Weil das Prinzip der Entropie, der Ordnung im Raum-Zeit-Gefüge, Grundlage für euer Tun in The Entropy Centre ist. Als Junior-Puzzle-Agentin löst ihr nämlich Rätsel, um Entropie-Energie zu erzeugen, die keinem geringeren Zweck dient als kataklysmische Ereignisse zu verhindern. Anders gesagt: Ihr tragt dazu bei, den Untergang der Welt zu verhindern.

Das Werkzeug eurer Wahl: das Tragbare Entropie-Gerät, kurz TEG. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine typische Science-Fiction-Knarre, ihre Fähigkeiten übersteigen das simple Töten aber um ein Vielfaches. Dank des Werkzeugs dreht ihr gehörig an der Uhr und spult statische Objekte in der Zeit zurück, ganze 30 Sekunden habt ihr. Die reichen, um eingestürzte Brücken wieder aufzubauen, kollabierte Gänge begehbar zu machen oder für die zahlreichen Puzzles, die Teil eures Jobs sind.

Wie genau das jetzt funktioniert, dass ihr durch Puzzle-Lösung Entropie-Energie erzeugt, das behalten die Ingenieure des Centers für sich. Für euch zählt nur: arbeitet euren Wochenplan ab. Wie bei Portal sind die Rätsel abgeschlossene Räume. Das Ziel lautet stets, den Ausgang zu erreichen. Das gestaltet sich bei den ersten Aufgaben noch vergleichsweise einfach, der Schwierigkeitsgrad zieht aber angenehm an. Speziell gegen Ende schieben eure grauen Zellen Überstunden, unmöglich wurde es selbst für mich als Gelegenheits-Knobler aber nie. Eine Hilfsfunktion fehlte mir persönlich entsprechend auch nicht, wäre aber eine nette Ergänzung gewesen.

Meine Freundin Astra

Die fehlende Hilfe wundert allenfalls insofern, als dass ihr ohnehin durchgehend eine Begleitung an eurer Seite habt: Astra, eure sogenannte Puzzle-Assistentin. Ihr Zweck lautet per Definition, euch zu unterstützen. Stattdessen erfüllt sie aber einen mindestens genauso wichtigen Job: Entertainment.

Denn auch wenn sie euch gelegentlich verrät, was zu tun ist, so stichelt sie in erster Linie oder kommentiert eure Handlungen sarkastisch. Erinnerungen an GlaDOS kommen also nicht von ungefähr, auch wenn Astra ihren eigenen Charakter mitbringt, was auch an der fantastischen englischen Sprachausgabe liegt. Die Wortgefechte zwischen ihr und Aria haben mir immer wieder ein Schmunzeln übers Gesicht huschen lassen, gelegentlich entfleuchte mir gar ein lautes Lachen.

An einer Stelle diagnostiziert sie beispielsweise, Aria habe zu schlechte Vitalwerte. Nach einigem Hin und Her meldet sie ihre Bedienerin kurzerhand für den firmeninternen Pilates-Kurs an. Oder sie spielt ungefragt klassische Musik ab, weil Aria ihr gestresst erscheint. Als diese entgegnet, das treffe nicht ihren Geschmack, stellt sie um auf flotten Drum and Bass. Glaubt mir, im Spiel sind genau solche Momente herrlich auflockernd, unterhaltsam und verschaffen notwendige Pausen zwischen den Rätseln.

Die Darstellung von Astra schafft in all ihrer Simplizität doch, Emotionen rüberzubringen. Sie erscheint lediglich als Pixelgesicht auf dem Display des TEG, durch kleine Anpassungen zeigt sie Stimmungslagen und applaudierende Hände veräppeln mich oder wollen mir ernsthaftes Lob aussprechen. Zugegeben, letzteres ist nur selten der Fall.

Eine Frage der Reihenfolge

Aber zurück zu den Puzzles. Wie schon erwähnt, lautet euer Ziel, in den einzelnen Räumen zum Ausgang zu gelangen. Dabei räumt ihr Würfel auf Schalter, platziert portable Sprungfelder, schmeißt die Helferlein in Flüsse, um eine Mauer zu umschiffen, und öffnet Durchgänge. Die Mechanismen in den Räumen aktivieren Brücken oder auf- und abfahrende Plattformen. In späteren Rätseln gibt es gar Portale, die Würfel umwandeln. Aus einem Laserstrahl-Erzeuger wird so ein Kasten, der eine Brücke bildet, sobald ihr ihn abgelegt habt.

Bei all den Möglichkeiten überfordert The Entropy Centre aber nie. Denn auch die Lernkurve folgt dem Vorbild von Valve, das diese meisterlich beherrschen. Die Raumstation erstreckt sich über 15 Abteilungen, die ihr durchlauft und die jeweils in mehrere Räume aufgeteilt sind. Jeder große Abschnitt führt ein neues Element ein, das im ersten Raum der Star der Show ist, mit jedem weiteren Puzzle kehren jedoch andere Items wieder zurück, so dass ihr auf Synergien achten und auch komplexe Abläufe einhalten müsst.

Freilich bildet aber erst die Zeitmanipulations-Mechanik den eigentlichen Unique Selling Point von The Entropy Centre: 30 Sekunden habt ihr, um Abläufe zu erstellen und sie anschließend zurückzuspulen. Ihr tragt also eure Objekte in verkehrter Reihenfolge an die benötigten Stellen, lasst sie gegebenenfalls auch mal fallen, begebt euch anschließend in Position und leitet die Rückspulfunktion ein. Dabei gilt zu beachten, dass ihr stets nur ein Item zurücksetzen dürft.

Seine Regeln zwingt euch The Entropy Centre nie auf, eine Erklärung mit dem Holzhammer findet nicht statt. Stattdessen animiert euch das Programm dazu, auszuprobieren und auch mal Fehler zu machen. Die Räume sind stets so aufgebaut, dass ihr dank geschickt platzierter Sprungplattformen wieder an den Anfang gelangt. Über einen entsprechenden Knopf setzt ihr die Kisten zurück und dürft von vorne beginnen.

Eine Welt vor dem Exitus

Wie eingangs erwähnt, tragt ihr mit eurem Tun aktiv dazu bei, die Welt vor dem bereits geschehenen Untergang zu retten. Blickt ihr aus dem Fenster des Entropie-Centers, schwebt mahnend der explodierende Planet über euch und erinnert daran, warum ihr eure grauen Zellen gerade so malträtiert.

Ein Rätsel schwebt aber über allem und lässt sich nicht so leicht lösen wie die Puzzle-Räume. Was auf der Raumstation geschehen ist, das ist die große Frage. Das gesamte Gebäude erinnert mit seinem an den Brutalismus angelehnten Baustil an Control und The Stanley Parable. Euch begegnet keine Menschenseele. Noch viel verwirrender: Künstlich aufgeschüttete Strände zeugen von vergangenen Festen. Wurden hier Weltuntergangspartys gefeiert?

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Zwischen den Rätsel-Abteilungen erkundet ihr die Station in streng linearer Weise und erfahrt dabei mehr über ihre Geschichte. In einem Museum wird etwa erzählt, welche Kataklysmen bereits verhindert werden konnten, bevor sie überhaupt geschehen. An herumstehenden Computern stöbert ihr durch die Mails (vermutlich) ehemaliger Kollegen, auch hier kommt Humor nicht zu kurz. Die Büro-Katze wird an mindestens genauso vielen Stellen erwähnt wie der Umstand, dass sie eigentlich gar nicht erlaubt ist.

Nuancierte Action-Einlagen

Neben Gehirnakrobatik setzt euch The Entropy Centre aber auch Abschnitte vor, in denen es etwas ruppiger zugeht. In der Einrichtung flitzen kleine Roboter umher, die ursprünglich als Helferlein gebaut wurden. Aber nachdem die Dinge schon lange nicht mehr ihren geregelten Gang gehen, haben die knuffigen Kerle mit dem Pixelgesicht natürlich auch ein Problem mit euch und bombardieren euch mit Laserkugeln.

The Entropy Centre - Trailer zum irren Zeit-Puzzle-Spiel

Im Indie-Puzzle-Game The Entropy Centre dreht ihr die Zeit vor und zurück, um clevere Rätsel im Stile von Portal zu lösen.

Bedrohlich für Leib und Leben sind die Projektile aber kaum, mit eurem TEG lasst ihr sie einfach rückwärts durch die Zeit zum Absender fliegen und sprengt die Robo-Kollegen damit. Alternativ schleudert ihr in späteren Abschnitten explosive Kisten auf sie. Fordernd sind die Kämpfe nie, bisweilen wirken sie eher aufgesetzt und stören den Spielfluss. Besonders die Räume, in denen Rätsel und Roboter gemeinsam auftreten, gehörten zu den klaren Schwachstellen des Spiels.

Deutlich besser, wenn auch nicht perfekt, fügen sich die Fluchtpassagen ein. Immer wieder bewegt ihr euch durch Teile der Einrichtung, die gerade in sich kollabieren. Nicht selten bricht der Weg direkt vor euch weg, woraufhin ihr unter Zeitdruck mit eurem TEG den Weg rekonstruiert. Oftmals tritt hier zudem eine weitere Roboter-Art auf, die nicht schießt, euch aber mit einer einzigen Berührung in die ewigen Jagdgründe schickt. Das wäre alles nicht so tragisch, wäre Aria in der Lage zu sprinten. Aber selbst in solch hektischen Momenten schlendert sie gemächlich durch die Gegend, als wäre sie auf einem Spaziergang.

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