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Special - Gute Zeilen, schlechte Zeilen : Wechselbad der Übersetzungen

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Jan Peitzmeier ist Senior Assistant Manager im European Localisation Development von Nintendo of Europe und kümmert sich täglich um Übersetzungen und Lokalisierungen. Wir konnten ihn zu diesem Thema befragen.

Wie lange dauert es, textlastige Spiele wie Pokémon oder Animal Crossing zu lokalisieren?

Die Lokalisierung eines textlastigen Spiels kann bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen, in seltenen Fällen sogar mehr. Als ein konkretes, recht aktuelles Beispiel fällt mir Inazuma Eleven GO ein, das wir im Sommer veröffentlicht haben. Das Spiel hat mehr als 220.000 englische Wörter und die Lokalisierung hat sieben Monate gedauert. Das beinhaltet die Planung bis hin zur Zertifizierung, unmittelbar bevor das Spiel in Produktion ging.

Die Textmenge ist allerdings nur ein wichtiger Faktor, wenn es um die Projektlänge geht. Nintendo ist sehr daran gelegen, dass Spieler aus der ganzen Welt mit Spannung erwartete Spiele möglichst zeitnah erleben können – Titel wie zum Beispiel Super Smash Bros. für 3DS oder Pokémon Omega Rubin und Pokémon Alpha Saphir. Daher können wir nicht bis zur Fertigstellung der japanischen Fassung warten und beginnen oftmals früh mit der Lokalisierung, während die Entwicklung noch in vollem Gange ist. Der Lokalisierungsprozess wird dadurch zwar komplexer und herausfordernder, da wir Änderungen im Spielablauf und Ausgangstext berücksichtigen müssen, aber wir können so die Wartezeit für die Spieler auf ein Minimum reduzieren.

Benötigt man ausreichend Spielewissen, wenn man einen neuen Ableger einer bekannten Spielserie übersetzt?

Idealerweise ja. Allerdings erwirbt man schon im Rahmen der Übersetzung zwangsläufig ein sehr umfassendes Bild, da man sich buchstäblich Wort für Wort mit dem Text auseinandersetzt. Auf diese Weise kommen viele Informationen zusammen, die erlauben, das größere Ganze besser zu verstehen. Andererseits gibt es bei handlungsträchtigen Spielen oftmals auch Erzählstränge, die sich über mehrere Teile erstrecken. Solche Details kann man leicht übersehen, wenn man andere Titel der Serie nicht gut kennt.

In der Praxis profitieren wir davon, dass Übersetzer und Tester aller Sprachen sehr eng sowohl miteinander als auch mit der Projektleitung zusammenarbeiten. Die Leidenschaft für unsere Spiele und das Detailwissen, das unsere Teams mitbringen, sind einer unserer wichtigsten Stützpfeiler. Es ist enorm hilfreich, vorangegangene Titel zu kennen, um den richtigen Ton zu treffen und konsequent umzusetzen.

Gibt es Beispiele für gut lokalisierte Spiele?

Im Mittelpunkt einer guten Lokalisierung steht das sorgfältige Abwägen, wie man Inhalte aufbereitet, um ein Publikum zu erreichen und zugleich die Vision des Spieleschöpfers zu vermitteln. Wer The Legend of Zelda: A Link Between Worlds kennt, erinnert sich vielleicht an Mama Maimai, den weiblichen Riesenkraken. In der Ursprungsfassung spricht sie gebrochenes Japanisch, durchsetzt mit vielen englischen Wörtern. Dazu muss man wissen, dass englische Wörter bei einem japanischen Publikum enorm populär sind. Manch einer wird dasselbe von den Deutschen behaupten, wenn man die weite Verbreitung von Anglizismen in der Alltagssprache bedenkt. In Japan ist dieses Phänomen allerdings noch viel stärker ausgeprägt.

Zunächst adaptierten wir den japanischen Ansatz und ließen Mama Maimai mit schlechter Grammatik sprechen, aber das Ergebnis überzeugte nicht. Nachdem wir die Hintergrundmelodie der Höhle allerdings zum ersten Mal gehört hatten, kamen wir auf die Idee, sie in Reimen sprechen zu lassen – was sich sehr gut mit ihrer niedlichen Erscheinung und dem Gesang ergänzt.

Da die Spiele, die wir lokalisieren, oftmals von japanischen Teams stammen, sind solche Beispiele nicht unbedingt selten. Das Erarbeiten von Lösungen, die sowohl den Erwartungen der Spieler als auch der Spieleschöpfer gerecht werden, ist einer der spannenden Aspekte unserer Arbeit.

Ist es von Vorteil, wenn man ein Spiel übersetzt, von dem man selbst Fan ist?

Definitiv ja. Unsere Teams zeichnen sich grundsätzlich durch ein hohes Maß an Engagement aus, aber oftmals sind die Team-Mitglieder auch große Fans des Spiels, an dem sie arbeiten. Lokalisierung überlappt sich oft mit der Spielentwicklung, was in der Regel zu knappen Zeitplänen führt. Der Druck kann dann sehr hoch ausfallen. Fan zu sein gibt in der Regel einen zusätzlichen Motivationsschub, um diese Herausforderungen zu meistern. Außerdem ist es einfach ein einzigartiges Gefühl, das Spiel in den Verkaufsregalen zu sehen und zu wissen, dass die Spieler es in ihrer eigenen Sprache spielen und erleben können.

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