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Test - AEW: Fight Forever : Endlich wieder Oldschool-Wrestling!

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Das beste Wrestling-Spiel aller Zeiten ist WWF No Mercy auf dem Nintendo 64. Was das mit AEW: Fight Forever zu tun hat? So ziemlich alles. Denn nur, wer auch dieser Meinung ist und sich nach dem rund 23 Jahre alten Spielgefühl sehnt, ist beim ersten Titel mit AEW-Lizenz richtig aufgehoben.

Ich muss mich echt zurückhalten, um euch an dieser Stelle nicht mit Lobhudeleien auf WWF No Mercy voll zu labern. Beim Gedanken an den Klassiker kommen ohne Ende tolle Erinnerungen hoch. Mit meinen ebenfalls Wrestling-verrückten Kumpels habe ich das Ding ab seinem Release Ende 2000 über Jahre hinweg beinahe täglich gezockt. 

Dabei störte uns nicht mal ein kapitaler Fehler, von dem die erste Modulreihe betroffen war: Aufgrund eines Bugs passierte es regelmäßig, dass erstellte Wrestler und Story-Fortschritte nach dem Ausschalten der Konsole komplett futsch waren. Ärgerlich, aber mehr auch nicht: Die erstellten Wrestler wurden auf mehreren Controller Paks gesichert, quasi die Memory Cards des Nintendo 64. Und die Konsole blieb so lange eingeschaltet, bis wir die Karriere mal wieder durch hatten. Ein Glück, dass die Stromrechnung damals noch die Eltern bezahlten …

Einfach die Fresse polieren

Was aber machte WWF No Mercy so besonders? Die Steuerung setzte auf ein simples, aber ebenso geniales Grundprinzip: Nachdem ein leichter oder starker Griff eingeleitet wurde, löste ein weiterer Tastendruck samt Richtungsangabe Body Slam, Back Suplex, Piledriver, Powerbomb, DDT und weitere typische Aktionen aus. Aber nicht nur im Stehen, sondern auch am Boden oder in der Ringecke griff das System perfekt und erlaubte viele verschiedene Manöver. Und diese Moves sahen (für damalige Verhältnisse) wie in den TV-Shows aus. Ja, Kinderaugen und so, ich weiß schon. Aber denkt dran: Wir sprechen von einem 23 Jahre alten Spiel auf Modul!

Was die Entwickler AKI Corporation und Asmik Ace Entertainment aus den begrenzten Möglichkeiten der Konsole herausholten, beeindruckte auch sonst: Verschiedene Waffen wie Stühle, Baseballschläger und Feuerlöscher durften eingesetzt werden, Tische ließen sich zerstören und sogar Ladder- und Cage-Matches waren dabei. Das Roster umfasste alle Größen der (damals noch) WWF, darunter The Rock, Stone Cold Steve Austin, Triple H, Shawn Michaels oder Kurt Angle. Dank vieler bekannter Posen und Moves ließen sich ehemalige Superstars sowie Wrestler anderer Promotions ziemlich flott nachbauen. Und Leute, was haben wir uns da ausgetobt!

Mist, jetzt hab ich doch ausgeholt und geschwärmt. Sorry, aber dieses Spiel hat nun mal einen großen und fest zementierten Platz in meinem Herzen. Noch heute steht WWF No Mercy sehr präsent im heimischen Retro-Regal. Dass ich es kaum mehr einlege, hat allein technische Gründe: Inzwischen wird mir beim Anblick der komplett verwaschenen Texturen und extrem klobigen Wrestler nämlich ein bisschen übel. 

Die Hoffnung auf einen ähnlich gearteten Nachfolger hatte ich längst aufgegeben, als AEW: Fight Forever im August 2022 vorgestellt wurde. Dessen Ziel war von Anfang an klar umrissen: das klassische Spielgefühl der N64-Ära mit neuer Grafik wieder aufleben zu lassen. Dafür holte sich Entwickler Yuke’s mit Hideyuki Iwashita sogar den Director von WWF No Mercy an Bord. Könnte AEW: Fight Forever ein zweites Streets of Rage 4 (zum Test) für mich werden? Es wäre zu schön …

Es packt sofort!

Nach der ersten Stunde schwebe ich auf Wrestling-Wolke sieben! Die Steuerung funktioniert tatsächlich wie auf dem Nintendo 64. Schwacher und starker Griff, Taste plus Richtung, Position im Ring – ich bin sofort “drin”. Gleiches gilt für die Schwung-Anzeige: Kräftiges Austeilen lädt sie auf und erlaubt bald Signature Moves und danach Finisher, die über eine einfache Stick-Bewegung ausgeführt werden – wie damals. Kriege ich aufs Maul, geht der Schwung in den Keller und mein Wrestler rasch auf die Bretter. Setzt der Gegner zum Pin ab, hilft nur noch wildes Hämmern auf die Buttons und ein Portiönchen Glück. 

Auch grafisch erinnert mich vieles an früher. Fight Forever pfeift auf Realismus, sondern setzt auf einen stilisierten, an Comics angelehnten Look – und geht damit einen völlig anderen Weg als die WWE-2K-Reihe. Dennoch sorgen markante Kostüme, Auftritte und Aktionen für einen sehr hohen Wiedererkennungswert der knapp 50 spielbaren Charaktere. Kenny Omega, MJF, Sting, Chris Jericho, Adam Cole, Bryan Danielson, Dr. Britt Baker, Kris Statlander, Jade Cargill oder Thunder Rosa sind ebenso mit dabei wie Tag Teams à la Young Bucks, Lucha Bros oder Best Friends. 

AEW: Fight Forever - Launch-Trailer zum Wrestling-Spiel

Ab sofort ist das Wrestling-Game AEW: Fight Forever erhältlich. Mit diesem Trailer will euch THQ Nordic heiß auf den Release machen.

Da fehlt doch was …

Beim genauen Hinsehen gehen mir jedoch einige bekannte Leute ab: Aufseiten der Frauen fehlen unter anderem Toni Storm und Willow Nightingale. Bei den Männern bleiben The Acclaimed nebst Daddy Ass außen vor; ebenso vermisse ich Samoa Joe sowie Claudio Castagnoli und Wheeler Yuta vom Blackpool Combat Club. Das Tag Team FTR sowie Hook, Danhausen, The Bunny, Keith Lee und Matt Hardy sind an DLCs beziehungsweise einen Season Pass gebunden. Für alles zusammen werden knapp 35 Euro fällig. 

Ginge es allein um die Moves und Posen, könnte ich die genannten Wrestler und Dutzende weitere locker im Editor nachbauen. Leider sieht es bei den Gesichtern und Klamotten genau andersherum aus: Die wenigen Visagen, Shirts und Hosen lassen kaum Abwechslung zu. Bei manchen Jacken die Farbe verändern zu können, stellt schon das höchste der Gefühle dar. Ebenfalls überschaubar fallen die Möglichkeiten beim Bau einer Arena aus, weil beispielsweise das Kreieren von Logos oder Schriftzügen fehlt. 

Ein Stirnrunzeln rufen auch die Spielmodi hervor. Die grundsätzliche Menge geht absolut in Ordnung: Neben Singles- und Tag-Team-Matches stehen 3-Way, 4-Way, Ladder Match und die Casino Battle Royale zur Wahl. Hinzu kommt das Exploding Barbed Wire Death Match: Dabei werden die Seile durch Stacheldraht ersetzt, der bei Kontakt explodiert – und das zwickt ganz kräftig. Da jedoch kein Whip-in möglich ist und auch die Ringecken gesperrt sind, fallen die spielerischen Möglichkeiten verhältnismäßig gering aus. Als Spezial-Match für zwischendurch passt es jedoch gut. Alle Varianten stehen offline und online zur Verfügung. Auch Lobbys für das gemeinsame Zocken mit Freunden dürfen erstellt werden. 

Enttäuscht bin ich vielmehr über die fehlenden Einstellungsmöglichkeiten. Auf dem N64 haben wir zum Beispiel unzählige Team-Matches mit individuellen Regeln gespielt. Da wurden Abklatschen sowie Disqualifikation deaktiviert und dann gab’s volles Mett aufs Fressbrett! Das geht bei Fight Forever leider nicht. Lights Out Matches mit Waffen und Falls Count Anywhere bleiben dem 1-gegen-1 vorbehalten und Tag-Matches verlangen stets nach einem Handschlag für den Wechsel. Nicht mal Zeitlimits lassen sich festlegen. Nennt mich pingelig, doch nachdem all das vor über 20 Jahren möglich war, sollte es heuer nicht fehlen.

Nicht glücklich bin ich außerdem über das Konter-System für Schläge, Tritte und Griffe. In vielen Fällen kann ich den Kampf mit meiner Offensive bestimmen. In Matches mit mehreren Gegnern und vor allem auf den höheren Schwierigkeitsgraden kostet mich das schwammige Timing jedoch gerne mal den Sieg. Das Spiel selbst gibt mir lediglich den unglaublich cleveren Hinweis, kurz vor dem Angriff die Konter-Taste zu drücken ...

Road to Elite

So heißt der Story-Modus von AEW: Fight Forever, der mich im Schnelldurchlauf durch ein Jahr bei All Elite Wrestling schickt. Pro Woche habe ich vier Gelegenheiten, mich zu betätigen: Ich kann trainieren und damit Erfahrungspunkte für die Verbesserung meines erstellten Wrestlers einheimsen. Außerdem gibt es Geld, das im Shop gegen hilfreiche Extras wie einen Ausdauer-Schub eingetauscht werden kann. Darüber hinaus darf ich Essen gehen und eine Sightseeing-Tour in der jeweiligen Stadt machen – beides hat Auswirkungen auf meine Kondition und Form. Und diese sollten am Ende der Woche möglichst gut sein, damit ich im Match bei der wöchentlichen Dynamite-Show oder einer der Großveranstaltungen wie All Out abliefern kann. 

Spiele ich all das mit einem der Stars aus dem AEW-Roster, bleibt der Ablauf gleich – mit einem großen Unterschied: Es gibt keine Upgrades. Am Ende eines Durchlaufs werden die gewonnenen XP lediglich in Geld umgewandelt, mit dem ich unter anderem neue Musikstücke und Animationen kaufen darf. 

Unabhängig vom gewählten Charakter werden die Abläufe in Road to Elite rasend schnell monoton, weil sich die Zwischensequenzen und (teils wörtlich und damit schrecklich übersetzten) Texte andauernd wiederholen. Die kurzen Geschichten drumherum sind zum Teil an große Ereignisse der noch jungen AEW-Geschichte angelehnt, darunter die Gründung von The Pinnacle durch MJF oder das Exploding Barbed Wire Death Match zwischen Kenny Omega und Jon Moxley. Andere bedienen klassische Wrestling-Motive wie der Verrat durch den besten Kumpel – nett, jedoch allzu vorhersehbar.

Um alle verfügbaren Geschichten erleben zu können, muss ich allerdings auch Kämpfe verlieren und an bestimmten Stellen zwangsläufig die langweiligen Gym- oder Restaurantbesuche über mich ergehen lassen – ansonsten komme ich nicht auf den Pfad für die jeweilige Story. Und das wiederum kann dazu führen, dass ich auch beim fünften Durchlauf die gleichen Inhalte wie zuvor erlebe. 

AEW: Fight Forever - Tag Team Hype Trailer

Der neue Trailer zum kommenden Wrestlingspiel AEW: Fight Forever stellt euch den Tag-Team-Modus vor.

Der Vollständigkeit halber seien noch die drei Minispiele erwähnt, die mit Wrestling nur am Rande etwas zu tun haben. Hier sammle ich herabfallende Pokerchips ein, beantworte Fragen rund ums AEW-Personal oder absolviere Tanzeinlagen in Quick-Time-Manier. Ein- oder zweimal machen diese skurrilen Ausflüge noch Laune, aber dann ist – zumindest solo – die Luft raus.

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