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Test - Avatar: Frontiers of Pandora : Test: Vielleicht wäre mehr Far Cry besser gewesen

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Im ersten Moment mutet Avatar: Frontiers of Pandora wie ein ganz billiger Cashgrab an. Das Spielprinzp scheint klar Far Cry entnommen zu sein. Dafür entwarf das Asset-Team ein paar Schlumpf-Skins und voilà, fertig war die Lizenz-Versoftung. Ganz so einfach liegt der Fall dann aber doch nicht, denn es flossen offensichtlich einige Gedanken in den Faktor, wie der Geist der Filme in ein Videospiel übertragen werden könnte. Das Ergebnis bietet einige sinnvolle Ansätze, treibt es bei manchen Ideen aber etwas zu weit.

Pandora selbst traf das Team von Massive Entertainment unglaublich gut. Ob ihr jetzt im Kinglor-Wald unterwegs seid oder die saftigen grünen Ebenen der Höhenprärie erforscht – Avatar: Frontiers of Pandora sieht über weite Strecken einfach fantastisch aus. Die Flora strahlt in den hellsten Farben, reagiert auf eure Berührungen und wippt rhythmisch im Wind vor sich hin. Nach einiger Zeit wisst ihr genau, welchen Pflanzen ihr euch gefahrlos nähern dürft und um welche ihr lieber herumschleicht.

Im Vergleich zu den ersten Trailern zeigt sich die Grafik zwar definitiv verschlechtert, doch hässlich fällt das Spiel deshalb noch lange nicht aus. Es übt eine Faszination aus, die anmutigen Schreckenspferde bei ihren Ritten durch die Prärie zu beobachten oder eine Höhle auf ihre verborgenen Geheimnisse zu erkunden und sich dabei nur von leuchtenden Pflanzen leiten zu lassen. Ebenso erschrecken die Gebiete immer wieder, die von nahen RDA-Fabriken verseucht werden und langsam sterben. Erblüht die Welt nach deren Zerstörung aber wieder in sattem Grün, geht auch euch das Herz auf.

Für mich persönlich entstand durch diesen gelegentlichen Überfluss an sensorischen Eindrücken jedoch regelmäßig ein kleines Orientierungsproblem. Ich sah wortwörtlich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr – ohne regelmäßige Blicke auf die Karte hätte ich nur in den seltensten Fällen eine Ahnung gehabt, wo ich mich gerade befinde. Bei der Bushcraft-Fraktion unter euch dürfte dieser Effekt aber vermutlich selten auftreten.

Eins mit der Natur

Ubisoft-typisch bietet euch Avatar: Frontiers of Pandora zwei Wege an, das Spiel zu erleben. Zum einen gibt es den geführten Modus, bei dem euch Questmarker ziemlich genau sagen, wohin es als Nächstes geht. Die Alternative lautet Erkundung und lässt euch anhand von Hinweisen selbst herausfinden, wo das nächste Missionsziel wartet. Benötigte Pflanzen nur anhand eures Jagdbuchs zu finden, indem ihr unter Beihilfe der Karte die ungefähren Wachstumsorte aufsucht, hat seinen eigenen Reiz. Bisweilen artet der Vorgang aber regelrecht in Arbeit aus, weil ihr jeden noch so kleinen Winkel absuchen und scannen müsst.

Immerhin hilft hier der Avatar-Blick weiter, eine Art Detektiv-Sinn. Dieser hebt Pflanzen, Charaktere und für Quests relevante Objekte wie Schalttafeln hervor. Auch Gegner erspäht ihr so durch Wände hindurch und markiert sie, um immer einen Überblick zu behalten, wo sie sich befinden. Ebenso offenbart die Vision Schwachstellen der Feinde und Tierwelt, damit ihr sie möglichst effektiv ausschalten könnt. Im Falle der Beute sorgen gezielte Treffer auch für höherwertige geerntete Materialien. Das Resultat sind bessere gekochte Gerichte und Werte eurer hergestellten Kleidung.

Durch die Spielwelt huscht ihr meistens zu Fuß, was sich für meinen Geschmack aber oftmals zu sehr in die Länge zieht. Die Laufwege auf Pandora fallen nicht selten mehrere Minuten lang aus – das passt sicherlich zum Ansatz, ist bisweilen aber eben müßig. Abhilfe schafft euer treuer Ikran. Die Flugechse erhaltet ihr im Verlauf der Geschichte und dürft sie fortan fast jederzeit herbeirufen. Allerdings fliegt sie etwas lahm, sofern ihr nicht wie bescheuert auf dem Boost-Knopf herum hämmert. Dadurch senkt sich natürlich die Ausdauer eures treuen Tieres; aufgefüllt wird sie durch verabreichte Nahrung. Später dürft ihr auch Boden-Reittiere zähmen, die ihr aber nicht so bequem herbeirufen könnt.

Viel Zeit verbringt ihr in Avatar: Frontiers of Pandora mit der Suche nach Ressourcen. Auch das passt prima in die Welt und reichert das Spiel zudem mit erstaunlich vielen leichten Survival-Elementen an. Nicht gerade mein liebstes Genre, doch ich muss gestehen, dass mir die Entschleunigung vor dem Beginn der nächsten große Story-Quest oftmals gelegen kam. Zumal das Entdecken regelmäßig nützliche Belohnungen mit sich bringt. Die Ahnenfertigkeiten beispielsweise verringern den Fallschaden, lassen euch RDA-Soldaten aus dem Exo-Skelett ziehen oder lassen euch einen Doppelsprung ausführen. Bestimmte Pflanzen hingegen erhöhen schlicht und ergreifend eure Lebensenergie.

Feder und Schwert

Selbstverständlich zieht ihr in eurer Eigenschaft als Na’Vi vornehmlich mit selbst gebastelten Waffen los. Doch gegen die Soldaten der bösen RDA und ihre Exosuits richten diverse Bögen und Speere freilich nur bedingt etwas aus. Da kommt es ganz gelegen, dass ihr als einer der wenigen eures Volkes in der Lage seid, die Waffen der Menschen zu benutzen. Sturmgewehre und Schrotflinten durchschlagen Metallpanzerungen schon deutlich besser. Immer wieder erweist sich zudem eine spezielle Hacking-Pistole als nützlich. Mit der legt ihr Exosuits lahm, was euch wertvolle Sekunden zur Reposition erlaubt. Oder ihr zieht einfach den Piloten aus dem Anzug.

Allerdings seid ihr noch immer Angehöriger oder Angehörige eines Naturvolkes und letztlich nur ein zartes und verwundbares Wesen. Anders ausgedrückt: Wenige Treffer reichen aus und ihr beißt ins bunte Gras von Pandora. Da hilft es auch nur bedingt, wenn ihr verdiente Erfahrungspunkte im Skilltree in mehr Leben oder stärkere Heiltränke investiert.

Entsprechend empfiehlt es sich, RDA-Basen lieber lautlos zu infiltrieren und aus dem Hinterhalt zu attackieren. Blöd nur, wenn das Spiel euch in gewissen Situationen zum offenen Kampf zwingt. Heil-Items führt ihr aber nur begrenzt mit und die automatische Lebensregeneration koppelten die Entwicklerinnen und Entwickler an eure Ausdauer, die ihr durch Nahrung stärkt. Bisweilen musste ich ganze Aufgaben abbrechen, um die entsprechenden Ressourcen zu suchen. Hier wird aus der zuvor erwähnten Entschleunigung schnell nervige Zwangsarbeit.

Da wirkt auch das Kraftlevel eures Na’Vi nicht unbedingt förderlich. Ein ähnliches System nutzte Ubisoft schon in Ghost Recon: Breakpoint und Far Cry: New Dawn – und es funktionierte dort ähnlich schlecht. Je nach angelegter Ausrüstung steigert oder verringert sich eure Stufe, klassisch Rollenspiel eben. Allerdings hauen euch bereits Feinde mit nur minimal höherem Level gnadenlos aus den Latschen. Im Falle von Avatar: Frontiers of Pandora bedeutet das also, dass Sean Bean gegen euch ein wahrer Überlebenskünstler ist, denn schon auf gleicher Stufe hält euer blauer Pappkamerad extrem wenig aus.

Ganz wilde Mutmaßungen meinerseits bringen mich zum Grund, aus dem Ubisoft euch regelrecht abverlangt, den Kraftlevel zu erhöhen: Spielzeitstreckung. Denn nur, wenn ihr brav Nebenquests macht und so neue Waffen und Blaupausen für Ausrüstungsobjekte bekommt, haltet ihr bei höherstufigen Missionen mit. Eine Unart von Open-World-Titeln, die manche Spielerinnen und Spieler sicherlich weniger stören als mich. Solltet ihr aber rein mit Story-Fokus zocken wollen, dann schaut ihr blöd aus dem Lendenschurz.

Verrat mit noblen Hintergedanken

Die Story selbst versetzt euch in die Rolle einer Na’Vi-Waisen, die ehemals dem Sarentu-Clan angehörte. In einer Ausbildungseinrichtung der bösen Resources Development Administration (RDA) erziehen euch die Menschen zu gnadenlosen blauhäutigen Killermaschinen. Doch wenig überraschend geht der Plan nicht ganz auf und ihr flieht nach langen Jahren aus dem Blecheimer. Schnell schließt ihr euch dem Widerstand an und lernt immer mehr andere Na’Vi-Stämme kennen, mit denen ihr Pandora von der Geißel der Menschheit befreien wollt.

Letztlich erzählt Frontiers of Pandora also eine Story, die direkt aus den Filmen stammen könnte. Blöderweise greift das Spiel dabei auf die gleichen Plattitüden zurück, die mir schon die Vorlage verleideten. Die Botschaft von einer Welt, die aufgrund des Egoismus der Menschheit kurz vor dem Abgrund steht und deren ökologischer Niedergang so sicher wie das Amen in der Kirche scheint, ist heute so wichtig wie noch nie. Holzhammer-Erzählmethoden erweisen sich dabei aber als so effektiv wie eine Farbbombe auf einen sechs Tonnen schweren Bagger.

Ich weiß von Beginn an, dass die Menschen und ganz besonders die RDA böse sind. Da muss ich nicht noch bei jedem belauschten Gespräch Sätze hören, in denen die Zweibeiner darüber philosophieren, wie „geil es doch ist, die Blauen abzuknallen“. Auch die Na’Vi mit ihren Binsenweisheiten, die schlimmer als jedes bekiffte Hippie-Gelaber ausfallen, möchte ich manchmal einfach nur erwürgen.

Damit wir uns hier nicht missverstehen: Beim Release des ersten Films gab es irgendwelche Querköpfe, die Regisseur James Cameron und seinem Team „Anti-Amerikanismus“ vorwarfen und Avatar als den Untergang der Vereinigten Staaten inszenierten. Ferner könnte meine Ansicht nicht entfernt sein. Dennoch wünsche ich mir bei so wichtigen Themen eine feinere Vorgehensweise bei der Vermittlung.

Avatar: Frontiers of Pandora - Features Trailer

Der neue Trailer macht euch mit den Features von Avatar: Frontiers of Pandora vertraut.

Nicht zuträglich ist das teils hundsmiserable Pacing. Wenn ich erst mal geschlagene zehn Minuten Zwischensequenzen durchstehen muss, bevor ich überhaupt ins Spiel einsteigen darf, ist die Laune direkt im Keller. Dann geht plötzlich alles ganz schnell, ich erledige ein paar winzige Aufträge für den Widerstand und einen Na’Vi-Stamm, darf direkt eine RDA-Anlage sprengen und bin überhaupt der geilste Typ auf ganz Pandora. Ich dachte, die blauen Bewohner des Planeten sind gebrannte Kinder und müssen Vorsicht walten lassen, vor allem bei jemandem, der lange Jahre einer vermeintlichen RDA-Gehirnwäsche unterzogen wurde?

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Wenn euch diese Methoden bei den Kinofilmen schon nicht störten, dann fällt Frontiers of Pandora für euch sicherlich nicht so stumpf aus wie für mich. Aber stellt euch darauf ein, dass eure „Suspension of Disbelief“ an mancher Stelle schon deutlich auf die Probe gestellt wird. Ach ja, das Ubisoft-übliche, völlig unkontrollierte Herumgefuchtel der NPCs in den Dialogen hätte man meinetwegen auch mal weglassen können.

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