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Special - FIFA 15 Ultimate Team : Die Pokémon-Theorie

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Ich habe mit FIFA bereits vor Jahren abgeschlossen. Zwar spielte ich mit Kollegen und Freunden gelegentlich noch die eine oder andere Partie – gekauft habe ich die letzten Jahre aber keinen neuen Ableger. FIFA 09 war der letzte Teil der Serie, den ich intensiv viele, viele Stunden spielte. Während dieser Zeit habe ich geschrien, gewütet und lauthals gejubelt. Es war eine schöne Zeit, doch der Tag war gekommen, an dem ich genug hatte. Fußball auf digitaler Ebene zu zelebrieren, wurde zu einer Leidenschaft – einer Leidenschaft, die ich ab sofort schützen wollte, indem ich sie nicht mehr inflationär abrufe. Die Folge: Fünf Jahre rotierte keine FIFA-Disk in meiner privaten Konsole. Das Kapitel war beendet. Dann kamen FIFA 15 und Ultimate Team.

Der letzte Abend hätte auch im Jahr 2008 sein können. Vier Stunden habe ich in FIFA 15 investiert und diverse Online-Partien ausgetragen. Während dieser Zeit habe ich geschrien, gewütet und lauthals gejubelt. Im Vergleich zu 2008 haben sich jedoch die Rahmenbedingungen geändert. Dieses Mal waren es keine einfachen Partien, die mich bei Erfolg in einer Online-Rangliste nach oben katapultierten. Nein, dieses Mal war es ernst.

Es geht um bares Geld, um Goldmünzen, die bei einer gewonnen Meisterschaft nur so ausgeschüttet werden. Was ich mit den Goldmünzen mache? Neue Spielerverträge kaufen, wichtige Schlüsselspieler für mein Team gewinnen oder frische Trikotsätze für die Mannschaft akquirieren. FIFA ist für mich zu einem Mittel zum Zweck verkommen. Das eigentliche Spiel ist Ultimate Team.

Ultimate Team ist Pokémon mit Fußballspielern

Im Interview mit den Kollegen von MCV erklärte Marcel Kuhn, Senior Producer für den Ultimate-Team-Modus, dass es für ihn unheimlich schwer sei, den Spielmodus für die breite Maße zu erklären: „Ultimate Team ist ein kompliziertes Thema. Jeder weiß, was ein Karrieremodus ist, richtig? Aber wenn du Ultimate Team mit nur einem Satz erklären willst, stellt sich das als knifflig heraus." An dieser Stelle möchte ich Marcel Kuhn weiterhelfen – denn meiner Meinung nach lässt sich der Modus ganz ausgezeichnet mit nur einem Satz beschreiben: FIFA Ultimate Team ist Pokémon mit Fußballspielern. Die Knie meines zehnjährigen Ichs werden weich.

Zugegeben, für die These muss ich weit ausholen. Bevor der Kern dieser Aussage wirkt, führen wir uns zunächst die Grundlagen vor Augen. Startet ihr den Modus das erste Mal, erhaltet ihr ein bereits vollständiges Team. Die Stärke eure Mannschaft hält sich zu diesem Zeitpunkt stark in Grenzen. Um eure Elf stetig zu verbessern, gilt es, Spiele zu bestreiten und Goldmünzen zu verdienen. Mit diesen Münzen kauft ihr im Transfermarkt anschließend neue, bessere Spieler. Wollt ihr euer Glück herausfordern, investiert ihr euer hart verdientes Gold in ein Bronze-, Silber- oder Gold-Pack. In jedem Pack verbergen sich neue Spieler oder Aktionskarten, die ihr für die Instandhaltung des Teams benötigt.

Diese Komponente gleicht dem Sammelkartenkonzept, wie wir es aus der Hochzeit der Panini-Alben kennen. Damals sind wir zum Kiosk gerannt, um neue Packs zu kaufen, in der Hoffnung, jene schimmernde Karte zu erhalten, auf die wir schon so lange gewart haben. In Ultimate Team tragen solche schimmernden Karten Gesichter von großen Spielern wie Cristiano Ronaldo, Lionel Messi oder Luis Suarez. Jede dieser Karten ist auf dem Transfermarkt unzählige Goldmünzen wert – dementsprechend selten sind sie.

Pech, mein treuer Begleiter

Auf Kartenpacks verlasse ich mich schon lange nicht mehr. Dafür ist mir Pech ein zu treuer Begleiter. Ich habe meine Strategie geändert und verstärke mein Team fortan über den Transfermarkt. FIFA-Nutzer auf der ganzen Welt bieten hier mittels Auktionsprinzip ihre Spieler gegen Goldmünzen an. Derjenige, der nach Ablauf der Zeit das meiste Gold bietet, erhält den Zuschlag. Hier lassen sich mit ein bisschen Glück und Gespür sehr gute Schnäppchen machen.

Und genau hier verbirgt sich auch das erste große Suchtpotenzial. Der FUT-Transfermarkt lässt sich über den Desktop und eine Smartphone-App aufrufen und ist somit nahezu immer für euch abrufbar. Man ertappt sich dabei, wie man in jeder freien Minute seine Aufstellung überprüft und Optimierungspotenzial sucht. Selbst wenn die Konsole ausgeschaltet ist, Ultimate Team geht in euren Gedanken weiter.

Gerade gestandene Fußball-Fans sind für dieses Verhalten unheimlich anfällig. Warum? FUT entwickelt sich parallel zum aktuellen Fußballgeschehen weiter. Ihr verfolgt die Bundesliga und habt bereits seit einiger Zeit einen ambitionierten Jugendspieler im Auge? In FUT könnt ihr diesen Spieler für wenig Gold kaufen und „aufziehen“. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich der Spieler in seinem Verein tatsächlich durchsetzt und einen Fähigkeiten-Boost erhält, den ihr anschließend im Spiel nutzt. Dieses Prinzip ähnelt sehr stark dem Charakter von Fantasy Football, das seit unzähligen Jahren von Fans des amerikanischen Sports zelebriert wird.

Ich wähle dich, Bastian Schweinsteiger!

Wir haben die Grundzüge und das Suchtpotenzial hinter FUT durchleuchtet – doch woher kommt der Pokémon-Vergleich? Seit einigen Tagen komme ich in die Redaktion, begrüße die Kollegen und gehe anschließend an Chris' Platz, um mit ihm über FUT zu sprechen. Auch er unterhält ein Team und ist regelmäßig am Transfermarkt tätig. Wir tauschen jeden Morgen neue Tipps aus und vergleichen unsere Mannschaften. Am Abend lassen wir schließlich unsere beiden Teams gegeneinander antreten, um festzustellen, wer der bessere „Manager“ ist. Dieses Ritual erinnert mich an die Schulzeit. Jeden Morgen tauschte ich mich mit meinen Klassenkameraden über frisch gefangene Pokémon aus. Nach der Schule ließen wir schließlich unsere Taschenmonster gegeneinander antreten und ermittelten den besten Trainer in der Nachbarschaft.

Ich bin augenscheinlich nicht der einzige, der diesem Prinzip verfallen ist. In FIFA 14 haben rund 35 Prozent aller Spieler den Ultimate-Team-Modus genutzt. Das hört sich nach wenig an - angesichts der Vielzahl an Modi, die der Sporttitel bietet, ist das jedoch eine respektable Zahl. Zudem hat Publisher Electronic Arts mit FUT rund 35 Millionen Dollar im vergangenen Jahr eingenommen. Wichtige Information an dieser Stelle: Ihr könnt echtes Geld für FUT-Gold ausgeben.

Nötig ist das jedoch zu keinem Zeitpunkt – auch wenn das Pech euer treuer Begleiter ist. Ihr wollt einen Beweis? Kürzlich habe ich aus einer Laune heraus ein Goldpack gekauft und 7.500 hart verdiente Goldmünzen dafür investiert. Unter den vielen mittelmäßigen Karten verbarg sich eine schimmernde Goldkarte, die das Gesicht von Mittelfeldgigant Bastian Schweinsteiger zeigte. Ich erhielt also einen Topspieler, ohne auch nur einen echten Cent dafür ausgegeben zu haben. Die Knie meines 22-jährigen Ichs wurden weich.

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