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Special - Made in Switzerland – Spielentwicklerszene Schweiz : Spielentwickler-Entwicklungsland?

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Ein überaus abstraktes, aber süchtig machendes Denkspiel lieferte Christoph Jörg mit Colorize ab. Das beeindruckendste und wohl am weitesten gereifte Projekt stellte das düstere Daina's Herbarium dar. Ein 3-D-Action-Adventure mit handgezeichneten Texturen, das ein wenig an American McGee's Alice erinnert. Diese und weitere Projekte wurden unter anderem von den BlackRock Studios (Split/Second) des Publishers Disney Interactive begutachtet. Kein Wunder also, dass die Industrie selbst in den USA ein Auge auf die ZHdK geworfen hat.

Ein „zartes Pflänzchen" gedeiht

Die Schweizer Videospielentwicklerszene ist klein, wird vom langjährigen Branchenexperten Marc Bodmer gar als „zartes Pflänzchen" bezeichnet. Ein Grund für die zaghafte Entwicklung der produktiven Spieleszene in der Schweiz dürfte die zersplitterte Politlandschaft der Schweiz mit den vielen Kantonen sein - wie soll da eine wirksame Wirtschaftsförderung greifen? Zumal sich die Diskussion in puncto Videospiele in der Schweiz seit Jahren auf die Killerspiel- und Suchtthematik begrenzt.

Logisch, dass Politiker eher in dieses Horn blasen, anstatt sich für Spiele starkzumachen. Ein weiterer Grund: In der Schweiz fehlt es an einer starken Unterhaltungsindustrie. Filmschaffende machen aufgrund der Fördergelder aus Kulturkreisen meist einen Spagat zwischen Kunst und Kommerz, sind dabei nicht selten stark ans öffentlich-rechtliche Fernsehen gekoppelt. Schwierig, dort für Videospiele Synergien zu nutzen. Und die Musikindustrie ist von der Spielentwicklungsszene weit entfernt.

Doch auch politisch scheint das Pflänzlein weniger Gegenwind zu spüren als noch vor Kurzem. Es gibt sogar langsam Unterstützung für die Videospielindustrie in der Schweiz. Ein im Grunde schon als durchgewunken angesehenes Gesetz für ein Verbot von Videospielen mit Gewaltinhalten gerät zunehmend ins Wanken - so zog die SP nach einer Intervention der Jungsozialen ihre Unterstützung für das Votum zurück. Noch wichtiger dürften aber die Aktivitäten der staatlichen Kulturförderung Pro Helvetia sein. Die Förderung beschloss, in den kommenden zwei Jahren unter dem Label GameCulture Videospiele als Kulturgut in der Schweizer Öffentlichkeit zu propagieren. Das Budget beträgt 1.5 Millionen Franken.

Diese Entscheidung stieß nicht überall auf Gegenliebe, trotzdem hielt Pro Helvetia an dieser Absicht fest. In der Öffentlichkeit wird Pro Helvetia beispielsweise mit Ausstellungen und einem Nachwuchsentwickler-Förderpreis aktiv. Hinter den Kulissen will die Förderung vor allem durch Aufklärung bei wichtigen Personen von Politik und Wirtschaft den Videospielen helfen. Überdies unterstützt Pro Helvetia ein Netzwerk von Schweizer Spielentwicklern, die sich nach und nach als Einheit begreifen. So sollen Synergien genutzt und das Selbstvertrauen der jungen Branche in der Schweiz gefördert werden.

Es mag sein, dass man auch in Zukunft keine großen Spielentwicklungen aus der Heimat Heidis erwarten darf. Umso mehr tut sich aber im Bereich der kleinen Spiele, also Download-Titel für wenig Geld, die einem das eine oder andere Stündchen auf Xbox Live, PSN, einem Mobiltelefon, iPhone oder iPad versüßen. Schon jetzt gibt es in diesem Bereich erfolgreiche Spieleschmieden. Zu nennen wäre zum Beispiel das genial simple Orbital von dem Zürcher Studio Bitforge, das bereits die Gunst von Steve Jobs gewinnen konnte und fleißig auf iPhone und iPad gespielt wird. Oder das Berner Studio Nothing, das mit zehn Mann für Konzerne wie Migros diverse Werbespiele erstellt.

Am erfolgreichsten ist jedoch zweifellos GIANTS Software, das in Zürich zu Hause ist. Das Unternehmen ist mit dem PC-Spiel Landwirtschafts-Simulator für einen beeindruckenden internationalen Verkaufserfolg verantwortlich. Von der 2009er-Variante wurde mittlerweile über eine halbe Million Exemplare verkauft, was eine Nummer-eins-Platzierung in den Amazon-Charts zur Folge hatte. Der deutsche Publisher Astragon war wohl selbst vom anhaltenden Erfolg überrascht. Mittlerweile ist das Spiel auch in Tschechien, Polen und Nordamerika verfügbar. Wo die Wurzeln von GIANTS Software liegen, wie sich die Macher den Erfolg ihrer Produkte erklären und wie das Studio die Schweizer Videospielindustrie einschätzt, lest ihr im folgenden Interview.

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