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Test - Skully : Knack trifft auf Marble Madness

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Skully ist hauptberuflich Schädel. Als solcher gerät er unfreiwillig zwischen die Fronten einer Familienfehde unter Göttern. Natürlich bleibt die Arbeit beim Beschwichtigen der Streitereien an ihm hängen: Er muss rollen, springen und Rätsel lösen. Das könnte eine witzige Sache sein, wenn das Spiel nur besser ausgearbeitet worden wäre ...

Immer wieder trifft man unverhofft auf Geheimtipps, deren Spielidee simpel, aber genial ist. Eins gleich vorweg: Skully ist leider keines davon. Das hätte ganz anders sein können, denn Skully hat Charme und spielerisches Potenzial, aber das wird an zu vielen Stellen leichtsinnig verschenkt.

Das Spielprinzip ist so simpel, dass die erste Stunde zwar krass unterfordert, zugleich aber viele Möglichkeiten in Aussicht stellt. Ihr übernehmt die Rolle eines Schädels, der von einer Gottheit namens Terry mit Lehm gefüllt und zum Leben erweckt wurde. Seine beinahe kugelrunde Form und der Lehm geben ihm so wenig Reibung, dass er spielend leicht über beinahe jede Oberfläche rollt. Das hat was von einer Murmel und würde anhand der einfachen, wenn auch sehr empfindlichen Joypad-Steuerung an Klassiker wie Marble Madness oder Marble Blast Ultra erinnern, wenn es denn nennenswerte Hindernisse gäbe.

Keine Reibungspunkte

Egal ob schräge Bergkante, weites Tal oder schmale Insel: Skully überwindet rollend und hüpfend jedes Terrain, solange er dabei nicht in einen Abgrund fällt oder mit Wasser und Lava in Berührung kommt. Küsten, Strände und Seen sollten also gemieden werden, damit der kleine Schädel weiterleben kann.

Murmel, Schwerkraft und Hindernisse sind eine Kombination, die im Reich der Videospiele oft aufging und spannende Szenarien hervorbrachte. Nur leider in Skully nicht, auch wenn es hier und da Momente gibt, in denen der flüssige Spielablauf Freude bereitet. Grundsätzlich leidet Skully jedoch an Überempfindlichkeit. Reibung und Trägheit sind dem kleinen Schädel ein Fremdwort, was besonders dann unvorteilhaft ist, wenn er auf kleinen Flächen zur Ruhe kommen soll. Man kämpft viel mehr damit, ihn zum Stillstand zu bringen, als mit vermeintlich kniffligen Sprüngen.

Nicht, dass das alles übermäßig schwierig wäre, aber beim Steuern ärgert man sich öfter über die mangelnde Präzision. Kommt dazu noch mäßiges Leveldesign, geht einem die Hutschnur hoch. Das passiert beispielsweise, wenn die Kamera aufgrund eines fortschreitenden Hindernisses, etwa einer wandernden Wasserwand, automatisch scrollt und der kleine Schädel im Wust der Umgebungsgrafik untergeht.

Selbst auf einem 65-Zoll-Fernseher ist Skully leicht zu übersehen, wenn die Kamera ihn nicht fokussiert – man entdeckt oft nicht einmal seinen Startpunkt. Die feste Perspektive der automatisch scrollenden Passagen erschwert obendrein die Tiefenwahrnehmung, was zu etlichen sinnlosen Toden auf einfachstem Terrain führt. Hat das jemals jemand Probe gespielt, der nicht zum Entwicklerteam gehört?

Drei Golems für schwache Puzzles

Wozu eigentlich der ganze Aufriss? Nun, Gottheit Terry hatte sich eigentlich einen vollwertigen Begleiter mit Hand und Fuß erhofft, aber ein Schädel, der selbstständig durch die Gegend rollt, tut es vorerst auch. Terry ist nämlich ganz auf sich allein gestellt. Er hat die Macht über das Element Erde, wurde jedoch von seinen drei Geschwistern verbannt, weil er als Stimme der Vernunft ihren Streit um ein besonders mächtiges Artefakt schlichten wollte.

Skully soll ihm helfen, den Sitz der anderen Elementar-Gottheiten zu erreichen, um ihnen abermals ins Gewissen reden zu können. Der Weg ist weit, steinig und – wie sollte es anders sein – mit Wasser gespickt, das auch Terry nicht verträgt. Darum ist hauptsächlich Geschicklichkeit gefragt, manchmal aber auch Muskelkraft oder ein wenig Knobelei.

Muskelkraft bei einem Schädel? Tja, so ganz ohne Tricks kommt Skully nicht weit. Doch zum Glück hat sein Götterkumpel Terry ein paar Asse im Ärmel. Erreicht der kleine Schädel nämlich Lehm-Becken, die nebenbei als Speicherpunkte dienen, so kann er sich durch Eintauchen weiteren Lehm besorgen, der ihn von Wasserschäden heilt. Außerdem erhält er dabei genug Masse, um drei unterschiedliche Arten von Golems zu erschaffen.

Skully - Launch Trailer

Als Schädel Skully müsst ihr in diesem Geschicklichkeitsspiel rollen, springen und Rätsel lösen. Der Launch Trailer gibt darauf einen kleinen Vorgeschmack.

Der erste Golem ist stark. Er zerstört Barrieren, kippt Steine um, so dass sie zu Brücken werden und beseitigt wasserspritzende Feinde mit einer Druckwelle. Der zweite Golem ist klein und flink. Mit seinen kurzen Beinen rennt er so schnell, dass er mit dem anschließenden Sprung große Abgründe überwinden kann. Das dritte Lehmgeschöpf beherrscht einen praktischen Doppelsprung.

Zusätzlich verfügt jeder Golem über eine Spezialfertigkeit. Die kleineren Kreaturen verschieben bestimmte Arten von Felsbrocken durch Telekinese – entweder auf vertikaler oder auf horizontaler Ebene. Das große und starke Exemplar macht es sich derweil ganz einfach: Er wirft Skully bei Bedarf über weite Strecken oder auch Berghänge hinauf.

Die Sache hat nur einen Haken: Skully muss sich in den Lehmkörpern befinden, damit sie sich überhaupt bewegen, und es können nie mehr als drei davon gleichzeitig erschaffen werden. Immerhin dürfen zwei verschiedene Arten von Lehmwesen mehrfach vorkommen. Das klingt eigentlich nach einfallsreichem Material für Knobel- und Geschicklichkeitseinlagen.

Wo ist der Tiefgang?

So wäre es vielleicht auch, wenn die Designer von Modus Games sich entscheiden könnten, welches Publikum sie ansprechen wollen. Über weite Strecken klappert man fast nur streng lineare Pfade ab, auf denen Blumen als sinnbefreite Sammelgegenstände und zugleich Brotkrumen für den Fortschritt fungieren. Kreuzt man doch mal ein Rätsel, so ist es in zwei Sekunden durchschaut, weil die Fähigkeiten der Golems nie ausgereizt werden.

Alles wirkt hastig zusammengeschustert und kurzsichtig gestaltet, wodurch keine der Sonderfertigkeiten über ihre offensichtlichste Funktion hinauskommt. Selbst den ersten Anwendungsgebieten, die das Prinzip einer neuen Fertigkeit erklären sollen, mangelt es im Design an Klarheit und Feingefühl beim Herangehen an den noch unerfahrenen Spieler. Eigentlich sollte eine Aufgabenstellung schon beim ersten Mal so eindeutig sein, dass man auch ohne Anleitung kapiert, wie es geht.

Nur um das erneut klarzustellen: Es geht nicht um den Schwierigkeitsgrad an sich, denn der ist oft lächerlich niedrig. Es geht darum, wie Aufgaben und Fähigkeiten vermittelt werden, was den Designern ein ums andere Mal nicht gut gelingt. Das Design von Skully ist flach und oft so einfältig und plump, dass man sich über weite Strecken des Spiels langweilt, obwohl die Bewegung der Hauptfigur Spritzigkeit und Dynamik suggeriert.

Ein gutes Beispiel für das verschenkte Potenzial ist das Einsammeln der Blumen. Hunderte liegen in jedem Level herum und weisen den Weg, doch für das Aufsammeln erhält man nur Zugang zu Konzeptzeichnungen. Angesichts einiger Passagen, in denen man zehnmal hintereinander das Zeitliche segnet, weil Skully sehr genau auf engstem Raum dirigiert werden muss, vergeht einem die Lust auf die Flora.

Dabei hätte man die Sammelei sinnvoll einflechten können. Warum kann Skully damit keine größere Lebensleiste oder bessere Reibungseigenschaften freischalten? Oder optische Extras? So wie es ist, vermittelt das Spiel keinerlei Motivation, nach den etwa vierhundertdrölf Blumen eines Abschnitts zu suchen.

Die hintergründige Sprache der Gottheiten samt ihrer affektierten Streitereien soll lustig sein. Doch häufig nervt das Gebrabbel, weil unterm Strich viel erzählt, aber wenig gesagt wird. Dabei geht es um Dinge, die in Zwischensequenzen prima aufgehoben wären. Doch statt anständig animierter Gespräche gibt es Standbilder im Diashow-Stil. Keiner erwartet teure CGI-Rendereien bei einem Indie-Spiel, nicht einmal Lippensynchronität ist unbedingt notwendig. Aber Standbilder? Da hatten einige detailarme Echtzeit-Sequenzen auf dem Nintendo 64 mehr Unterhaltungswert ...

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