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Test - Meta Quest 2 : Test: Grandios kabellos

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Mit zwei Jahren Verzug trudelt Metas jüngstes VR-Headset in Deutschland ein. Quest 2 durfte bei uns lange Zeit nicht verkauft werden, weil dessen Nutzung einen Facebook-Account voraussetzte. Dank der geschäftlichen Aufteilung zwischen dem Mutterkonzern Meta und der Social-Media-Plattform ist nur noch ein Meta-Account nötig, daher kann Quest 2 nun doch bei uns erworben werden. Besser spät als nie, denn es bringt ein Feature für PC-Spieler mit, das selbst Sonys kommendes PSVR2-Headset nicht liefern kann.

Ist der VR-Hype vorbei, oder geht es bald erst richtig los? Wenn man Meta Glauben schenkt, haben wir nicht einmal ansatzweise das Potenzial der virtuellen Realität ausgereizt. Deren große Vision fußt auf der Etablierung des sogenannten Metaverse, in dem ein Großteil der Inhalte aus dreidimensionalen VR-Erfahrungen bestehen. Echtzeit-Videokonferenzen in 3D, Geschichtsunterricht in begehbaren Nachstellungen des alten Roms, Wikipedia zum Anfassen ... Ready Player One lässt grüßen.

Obendrein nimmt Sony mit dem hauseigenen Headset PSVR 2, das im März für Playstation 5 erscheint, Anlauf für einen zweiten Versuch im Gaming-Sektor. Ob die Rechnung aufgeht, ist nicht abzusehen, denn selbst hochambitionierte Projekte wie Valves Half-Life Alyx konnten ihren Zweck als Systemseller nur höchst eingeschränkt erfüllen, sodass die letzte große VR-Welle im Frühjahr 2020 sang und klanglos abebbte. Heute ist VR zwar nicht tot, aber es fristet ein Dasein als Nischenprodukt für Enthusiasten.

Darum werden wir uns im Rahmen dieses Tests auch nicht mehr mit den Standardfeatures üblicher VR-Headsets beschäftigen. Dass Quest beispielsweise zwei kabellose Steuereinheiten mitbringt, sollte jedem, der auch nur entfernt mit dem Gedanken gespielt hat, ein ähnliches Gerät zu kaufen, inzwischen bewusst sein. Sie gleichen in allen Belangen den Ausführungen des älteren und in Deutschland lange erhältlichen Oculus Rift S.

Schau mal Mama, ich kann ohne Kabel spielen

Ob virtuelle Realität einen zweiten Frühling erlebt oder weiter in seiner Nische versauert, ist für diesen Test von Metas Quest 2 insofern unerheblich, als dass es genug technische Reife mitbringt, um für sich allein zu bestehen. Was vornehmlich an seinem primären Feature liegt: Es benötigt während des Betriebs keine Kabel. Nein, auch dann nicht, wenn es mit eurem PC verbunden ist, um Steam-Games wiederzugeben.

Quest 2 verfügt zwar über eingebaute Gaming-Hardware mit dem doppelten Leistungsniveau einer Nintendo Switch, was genug ist, um einen Großteil der üblichen VR-Spiele autonom abzuspielen, doch rückt diese Eigenschaft in den Hintergrund, seitdem das Headset die für PC-Gaming nötigen Daten per WLAN empfangen kann. Dieses als Air Link bekannte Feature wurde erst nachträglich implementiert, funktioniert aber tadellos und ohne Verzögerung, wodurch es zu einem buchstäblichen Game-Changer für die Immersion wird. Endlose Freiheit in der virtuellen Realität ist nun keine Utopie mehr. Zumindest, sofern man genug Platz in der Wohnung hat, um sich beim Spielen gefahrlos zu bewegen.

Zugegeben: Die Möglichkeit, alternativ mit einem USB-C-Kabel als PC-Verbindung spielen zu können, stellt im Vergleich zum schweren Doppelkabel eines Oculus Rift S schon eine Erleichterung dar. Sollten also Probleme mit der Air-Link-Koppelung via WLAN bestehen, bleibt noch immer ein Komfortgewinn im Vergleich zu anderen Headsets. Zumal Meta einen USB-Dongle angekündigt hat, der die Air-Link-Koppelung vereinfachen soll.

Eine Option, die man im Auge behalten sollte, denn das Gefühl, sich bei bewegungsintensiven Spielen wie Superhot VR oder Half-Life Alyx ungehemmt um die eigene Achse drehen zu können, ist so unschlagbar immersiv, dass man nach der ersten Erfahrung nur schweren Herzens zu einer Kabelverbindung zurückkehrt. Ist der Geist einmal aus der Flasche, begrenzt nur noch die arg knappe Batterielaufzeit von knapp 70 Minuten das Vergnügen. Weit weniger Spielzeit als die versprochenen zweieinhalb bis drei Stunden, die Quest 2 im autonomen Modus durchhält, doch bei Grafikperlen wie Alyx lohnt sich die Investition allemal. Genügt euch das nicht, bleibt noch die Möglichkeit, eine Powerbank anzuklemmen, die ihr euch in die Hosentasche steckt.

Der Bildschirm: Hochaufgelöst und reaktionsschnell

70 Minuten mit dem eingebauten Akku? Ja, das ist arg wenig. Kaum richtig eingespielt, bimmelt auch schon die Batteriemeldung. Quest 2 hätte also Steigerungspotenzial durch einen Nachfolger, selbst wenn die alternative USB-C-Anbindung für sämtliche stationären Spiele völlig ausreicht. Wer das Headset ausschließlich für den VR-Modus von Formel 1 2022 oder Dirt Rally 2.0 nutzen will, braucht keine volle Bewegungsfreiheit und profitiert allemal von den restlichen positiven Eigenschaften des Geräts.

Im Vergleich mit dem bisherigen Standard-Headset Oculus Rift S bestehen einige Vorteile. So ist ein Screendoor-Effekt dank einer Auflösung von 1832 x 1920 Pixel pro Auge kein Thema mehr. Man erkennt zwar bei genauem Hinsehen noch immer die Pixelstruktur des LCD-Bildschirms - vor allem dann, wenn die Grafik des verwendeten Spiels eine unzureichende Kantenglättung auffährt - aber sie fällt nur dann negativ auf, wenn man sich darauf konzentriert. Sobald man sich mit dem Spielinhalt beschäftigt, versinkt man komplett in der künstlichen Umgebung.

Dass das verwendete LCD-Display mangels OLED-Technik kein perfektes Schwarz generieren kann, stört nur Technik-Enthusiasten. Im Ausgleich dafür ist das Display sehr reaktionsschnell. Die standardmäßige 72-Hz-Bildfrequenz wurde schon 2020 auf 90 Hz angehoben, sodass niemand negative Erfahrungen durch Motion Sickness befürchten muss. Tatsächlich unterstützt Quest inzwischen sogar 120 Hz und verdoppelt die Bildrate von Spielen, die auf 60 Hz laufen, automatisch. Damit die Darstellung für jedermann scharf ist, kann der Linsenabstand auf drei Positionen festgelegt werden, während Brillenträger einen kostenlos mitgelieferten Abstandshalter einbauen dürfen.

Somit fallen beim Bildschirm nur zwei Kritikpunkte negativ ins Gewicht: Zum einen wirkt das Sichtfeld mit gerade mal 90 Grad etwas eng. Man hat permanent das Gefühl, durch eine Taucherbrille zu schauen. Da sind andere Headsets wie HTC Vive Pro und Sonys PSVR 2 ein ganzes Stück fortschrittlicher.

Zweitens: Weiße Oberflächen erzeugen rötliche und bläuliche Ränder an den oberen und unteren Kanten. Für uns ein höchst rätselhaftes Phänomen, denn das dürfte laut Metas Angaben nicht der Fall sein. Den offiziellen Daten zufolge basieren die Pixel der Quest 2 auf einer RGB-Stripe-Struktur, wie man sie von TV-Bildschirmen kennt. Rote, grüne und blaue Subpixel sollten also in einer Reihe nebeneinanderliegen. Die erwähnten roten und blauen Ränder bei weißen Flächen, wie wir sie in der Praxis festgestellt haben, treten dagegen nur bei PenTile-RGB-Bildschirmen auf. Sie sind ein Resultat von abwechselnd angeordneten roten und blauen Pixelreihen.

Leider ist es uns aufgrund der Linsen unmöglich, die Pixelstruktur des Headsets zwecks Prüfung zu fotografieren – dafür benötigt man Spezialobjektive. Andernfalls müssten wir unser Testmuster in seine Einzelteile zerlegen. Auch möchten wir betonen, dass der Effekt kaum bis gar nicht stört. Kurios ist er trotzdem, zumal er selbst bei kleineren weißen Objekten wie etwa Schriftzügen zu sehen ist und somit höchstwahrscheinlich nicht durch eine Linsenverzerrung zustande kommt.

Immersion wie nie zuvor

Abseits dieser Kritikpunkte zerstreut Quest 2 jeden Zweifel an seiner technischen Leistungsfähigkeit. Allein aufgrund der Pixeldichte des Screens hatten wir nie zuvor das Gefühl, so intensiv in eine künstliche Welt einzutauchen wie mit Quest 2 – egal ob über Air-Link mit Steam oder mit den autonom verwendeten Spielen, die wir auf dem internen Speicher ablegten (128 oder 256 GB stehen je nach Modell zur Verfügung). Angesichts der Menge an Spielen, die wir ausprobieren konnten, ist das kein leichtfertig gefälltes Urteil, sondern das Ergebnis vieler Stunden intensiver Auseinandersetzung.

Das Musikspiel Beat Saber liegt Quests 2 bis Ende des Jahres als kostenlose Dreingabe bei, aber da wir die Steam-Version samt Song-DLC besitzen, war ein Abstecher in diesen Mix aus Lichtschwert-Action und Guitar Hero sowieso Pflicht. Apropos Star Wars: Vader Immortal stand ebenfalls auf unserer To-Do-Liste und sah nie besser aus. Wir dirigierten eine niedliche Maus in Moss: Book 2 durch ein faszinierendes Miniaturwelt-Abenteuer, jagten in Formel 1 2022 Lewis Hamilton hinterher, ballerten uns in Superhot VR durch rote Kristall-Fieslinge und in Audica von Harmonix durch noch mehr Musikstücke.

Wobei das VR-Erlebnis von Half-Life Alyx nach wie von nicht zu toppen war. Mit Quest 2 gewinnt die Inszenierung der postapokalyptischen Alien-Bedrohung so sehr an Qualität, dass wir uns am liebsten völlig ohne Controllereingaben durch die Stadt bewegt hätten. Kein Vergleich mit dem, was Rift S uns bislang vermittelte.

Solche Gedankengänge liegen aufgrund der Basisfeatures nahe. Wie alle modernen VR-Headsets verfügt auch Quest 2 über Inside-Out-Tracking durch am Headset befestigte Kameras. Somit darf man die Grenzen des Spielbereichs im Zimmer eigenhändig markieren und festlegen. Kommt man diesen Grenzen näher, blendet die Software automatisch ein Gitter in der Spielgrafik ein, das vermittelt, in welche Richtungen man sich bewegen kann, ohne in der realen Welt gegen Möbel oder Wände zu stoßen.

Besonders gefallen haben uns in dem Zusammenhang mehrere Features, die noch nicht offiziell unterstützt werden, aber als Beta-Funktion aktivierbar sind. Eines ermöglicht uns, zweimal schnell mit dem Fingern gegen die Seite des Headsets zu tippen, wodurch eine Außenansicht des Spielfelds (durch die Kameras) eingeblendet wird. Bei jeglichen Zweifeln am aktuellen Standort (oder wenn meine Katze sich mal wieder an den Beinen rieb) konnten wir also die reale Welt sehen, ohne das Headset abnehmen zu müssen.

Ein weiteres, noch praktischeres Beta-Feature ließ uns die Einrichtung unseres Arbeitszimmers skizzieren, sodass wir uns bei Bedarf nicht nur die virtuellen Grenzen der Spielfläche einblenden lassen konnten, sondern auch ganz genau zu sehen war, wo Tische, Stühle und andere Gegenstände stehen.

Auch Mixed-Reality-Funktionen wie etwa Hand-Tracking für eine Bedienung ohne Controller funktioniert fast reibungslos. Allerdings unterstützen kaum Programme das Feature, und in manchen Neigungswinkeln wirkte die Erfassung etwas ruppig.

Dafür, dass Quest 2 nun schon fast zwei Jahre auf dem Buckel hat, hält es erstaunlich gut mit dem mit, was Sony uns für PSVR 2 verspricht. Natürlich nicht vollumfänglich, denn Features wie Augentracking und Detailrendering nach Sicht kann Meta nicht per Software nachrüsten, ebenso wenig wie haptisches Vibrations-Feedback und adaptive Trigger an den Controllern.

Kritik am Umfang

Ein bestimmtes Verkaufsargument hat Meta allerdings unnötig aus der Hand gegeben: den Umfang des Pakets. Nicht nur weil ein ansprechend langes (und technisch taugliches) USB-C-Kabel nachgekauft werden muss. Auch das Kopfband, das zum Festzurren des Headsets verwendet wird, weckt so hohe Begehrlichkeiten, dass wir um eine Kaufempfehlung für Dritthersteller-Straps nicht herumkommen.

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Denn während Rift S noch über denselben Halo-Aufsatz verfügte wie PSVR 1, der das Gewicht des Geräts bequem auf dem oberen Teil des Kopfes verteilt, bürdet der überaus simple Standard-Strap, den Quest 2 verwendet, die vollen 504 Gramm eurer Stirn auf. Festgezurrt drückt der Schaumstoff-Abschluss viel zu sehr auf das Gesicht rund um die Augenpartie, lässt man es dagegen zu locker, wabbelt das Headset vor den Augen herum. Glücklicherweise bekommt man einen Halo-Aufsatz von Drittherstellern schon ab 30 Euro aufwärts. Diese Zusatzkosten zu den 449 Euro Anschaffungspreis solltet ihr euch unbedingt leisten, wenn ihr mit dem Kauf einer Quest 2 liebäugelt.

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